Rote Hose – Kündigungsgrund im Arbeitsrecht?

Ein Bauarbeiter in einer schwarzen Hose steht vor einem Vorgesetzten, der ihm eine rote Sicherheitshose hinhält, im Hintergrund eine Baustelle, realistische Darstellung.
Im juristischen Alltag sind es oft die vermeintlich kleinen Auseinandersetzungen, die zu grundlegenden Rechtsfragen führen. Eine solche Frage, die kürzlich vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf verhandelt wurde, lautet: Rote Hose oder Rauswurf? Rechtfertigt die beharrliche Weigerung, vorgeschriebene Sicherheitskleidung zu tragen, eine verhaltensbedingte Kündigung?

Rote Hose oder Rauswurf? Rechtfertigt die beharrliche Weigerung, vorgeschriebene Sicherheitskleidung zu tragen, eine verhaltensbedingte Kündigung?

Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten

Relevanz für das erste Staatsexamen: Mittel

Relevanz für das zweite Staatsexamen: Hoch

Wichtigste Erkenntnisse

  • Das Direktionsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) umfasst auch Vorschriften zur Arbeitskleidung, wenn diese durch sachliche Gründe wie Arbeitssicherheit oder Corporate Identity gerechtfertigt sind.
  • Die beharrliche und bewusste Weigerung, eine rechtmäßige Anweisung zur Arbeitskleidung zu befolgen, stellt eine erhebliche Pflichtverletzung dar.
  • Eine verhaltensbedingte Kündigung ist in solchen Fällen nur nach mindestens einer vorherigen, einschlägigen Abmahnung zulässig (ultima-ratio-Prinzip).
  • Die Kündigung des Mitarbeiters wegen der Weigerung, eine rote Hose zu tragen, wurde vom LAG Düsseldorf als wirksam erachtet, da eine negative Zukunftsprognose und eine überwiegendes Interesse des Arbeitgebers vorlagen.
  • Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ist nicht unbegrenzt; es wird durch das Gebot des „billigen Ermessens“ und die Grundrechte der Arbeitnehmenden beschränkt.

Inhaltsverzeichnis

Im juristischen Alltag sind es oft die vermeintlich kleinen Auseinandersetzungen, die zu grundlegenden Rechtsfragen führen. Eine solche Frage, die kürzlich vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf verhandelt wurde, lautet: Rote Hose oder Rauswurf? Rechtfertigt die beharrliche Weigerung, vorgeschriebene Sicherheitskleidung zu tragen, eine verhaltensbedingte Kündigung? Diese Thematik berührt zentrale Säulen des Arbeitsrechts, wie das Direktionsrecht des Arbeitgebers, die Arbeitspflichten der Angestellten und die strengen Voraussetzungen für eine Kündigung. Für Dich als Jurastudierende:r oder junge:r Jurist:in bietet dieser Fall eine exzellente Gelegenheit, das Zusammenspiel dieser Konzepte in der Praxis zu verstehen. Es geht um weit mehr als nur die Farbe einer Hose; es geht um die Grenzen von Weisungsbefugnissen, die Konsequenzen von Pflichtverletzungen und die soziale Rechtfertigung einer Kündigung. In diesem Beitrag analysieren wir die rechtlichen Hintergründe, beleuchten das aktuelle Urteil und erklären Dir, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit aus einer modischen Präferenz ein Kündigungsgrund werden kann.

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers: Die Rechtsgrundlage für Bekleidungsvorschriften

Um zu verstehen, warum die Weigerung, eine bestimmte Arbeitshose zu tragen, überhaupt arbeitsrechtliche Konsequenzen haben kann, müssen wir beim Fundament des Weisungsrechts des Arbeitgebers ansetzen: dem Direktionsrecht gemäß § 106 der Gewerbeordnung (GewO). Diese Norm verleiht dem Arbeitgeber die Befugnis, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung sowie die Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmenden im Betrieb nach „billigem Ermessen“ näher zu bestimmen. Dieses Recht ist ein unverzichtbarer Bestandteil jedes Arbeitsverhältnisses, da der Arbeitsvertrag naturgemäß nicht jedes Detail der Zusammenarbeit regeln kann. Das Direktionsrecht füllt diese Lücken und ermöglicht es dem Arbeitgeber, flexibel auf betriebliche Erfordernisse zu reagieren. Hierzu gehört explizit auch die Befugnis, Vorgaben zum äußerlichen Erscheinungsbild der Mitarbeitenden zu machen, sofern diese Vorgaben nicht willkürlich sind, sondern einem legitimen betrieblichen Zweck dienen.

Solche legitimen Zwecke können vielfältig sein. Der wohl wichtigste und unstrittigste Grund ist die Sicherheit am Arbeitsplatz. Vorgeschriebene Schutzkleidung, wie Sicherheitsschuhe, Helme oder eben auch gut sichtbare Kleidung in Signalfarben, dient dem Schutz der Angestellten vor Unfällen und Verletzungen. Ein weiterer anerkannter Grund sind Hygienevorschriften, die insbesondere in der Lebensmittelindustrie, im Gesundheitswesen oder in der Gastronomie unerlässlich sind. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran haben, ein einheitliches und professionelles Erscheinungsbild seines Unternehmens zu wahren. Dieses Konzept der Corporate Identity stärkt den Wiedererkennungswert und das Image des Unternehmens nach außen (haufe.de). Auch Farbvorgaben sind in diesem Kontext zulässig, wenn sie sachlich begründet sind, beispielsweise durch die Unternehmensfarben oder, wie im aktuellen Fall, durch Sicherheitsaspekte, bei denen eine bestimmte Farbe die Sichtbarkeit erhöht. Die Anweisung des Arbeitgebers muss jedoch stets dem Grundsatz des „billigen Ermessens“ genügen, was eine Abwägung der beiderseitigen Interessen erfordert.

Pflichtverletzung durch Ungehorsam: Die rechtlichen Folgen für Arbeitnehmende

Dem Direktionsrecht des Arbeitgebers steht die Gehorsamspflicht des Arbeitnehmenden gegenüber. Diese Pflicht, den berechtigten Anweisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen wie § 241 Abs. 2 BGB, der die Vertragsparteien zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Verweigert ein:e Arbeitnehmer:in bewusst und wiederholt die Befolgung einer rechtmäßigen Weisung, stellt dies eine erhebliche Verletzung der vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten dar. Eine solche Pflichtverletzung kann, je nach Schwere und den Umständen des Einzelfalls, verschiedene arbeitsrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen, die von einer Ermahnung über eine Abmahnung bis hin zur Kündigung reichen.

Entscheidend für die rechtliche Bewertung ist hierbei oft der Aspekt der Beharrlichkeit. Eine einmalige, vielleicht aus einem Missverständnis resultierende Nichtbefolgung einer Anweisung wird in der Regel nicht ausreichen, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Das Arbeitsrecht folgt hier dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit, wonach die Kündigung immer das letzte Mittel (ultima ratio) sein muss. Von einer beharrlichen Pflichtverletzung spricht man jedoch, wenn der oder die Arbeitnehmende trotz vorheriger Beanstandung oder Abmahnung bewusst und nachhaltig die Anweisung missachtet. Diese Hartnäckigkeit signalisiert dem Arbeitgeber, dass auch in Zukunft mit einem vertragswidrigen Verhalten zu rechnen ist. Genau dieses prognostische Element ist ein zentraler Baustein der verhaltensbedingten Kündigung. Die Weigerung, die vorgeschriebene rote Arbeitshose zu tragen, wird somit von einer reinen Geschmacksfrage zu einem Akt des bewussten Ungehorsams, der die Autorität des Arbeitgebers untergräbt und die betriebliche Ordnung stört. Diese bewusste und wiederholte Missachtung stellt die Grundlage für eine mögliche verhaltensbedingte Kündigung dar, da sie das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien nachhaltig erschüttert (ihr-arbeitsrecht.de).

Der Fall der roten Hose: Das LAG Düsseldorf schafft Klarheit (Az. 3 SLa 224/24)

Ein aktueller Fall vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 21. Mai 2024 (Az. 3 SLa 224/24) verdeutlicht diese Rechtsprinzipien eindrucksvoll. Ein langjähriger Mitarbeiter eines Unternehmens weigerte sich konsequent, die vom Arbeitgeber gestellte und vorgeschriebene rote Arbeitshose zu tragen. Stattdessen erschien er wiederholt in einer privaten schwarzen Hose zur Arbeit. Der Arbeitgeber begründete die Anweisung mit zwei wesentlichen Aspekten: Zum einen diente die rote Farbe der besseren Sichtbarkeit und damit der Arbeitssicherheit. Zum anderen war die rote Kleidung Teil des einheitlichen Unternehmensauftritts (Corporate Identity). Nachdem der Mitarbeiter trotz mehrfacher mündlicher Aufforderungen und zweier formeller schriftlicher Abmahnungen sein Verhalten nicht änderte, sprach der Arbeitgeber schließlich die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung aus.

Der gekündigte Mitarbeiter erhob Kündigungsschutzklage, die jedoch sowohl in der ersten Instanz als auch vor dem LAG Düsseldorf erfolglos blieb. Die Richter:innen entschieden, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt und somit wirksam war. In ihrer Urteilsbegründung stellten sie klar, dass die Anweisung des Arbeitgebers, die rote Hose zu tragen, vom Direktionsrecht nach § 106 GewO gedeckt war. Die betrieblichen Gründe – Arbeitssicherheit und Corporate Identity – seien sachlich und nachvollziehbar (haufe.de). Durch seine beharrliche Weigerung habe der Mitarbeiter seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt.

Ein entscheidender Punkt in der Argumentation des Gerichts war die Rolle der vorangegangenen Abmahnungen. Der Arbeitgeber hatte den Mitarbeiter durch die Abmahnungen unmissverständlich auf sein Fehlverhalten hingewiesen (Rügefunktion) und ihm gleichzeitig die Konsequenz – die Kündigung – bei fortgesetzter Pflichtverletzung angedroht (Warnfunktion). Da der Mitarbeiter sein Verhalten dennoch nicht anpasste, war die negative Zukunftsprognose gerechtfertigt. Das Gericht führte zudem eine umfassende Interessenabwägung durch und kam zu dem Schluss, dass das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Mitarbeiters am Fortbestand überwog. Der Mitarbeiter hatte keine schutzwürdigen Gründe für seine Weigerung vorbringen können. Das Urteil ist rechtskräftig, da das Gericht eine Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen hat (arbeitsrechtsiegen.de).

Von der Abmahnung zur Kündigung: Der Weg zur rechtmäßigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Der Fall der roten Hose ist ein Lehrbuchbeispiel für die Voraussetzungen einer wirksamen verhaltensbedingten Kündigung. Damit Du diese Systematik für Deine Klausuren und die Praxis verinnerlichst, schlüsseln wir die zentralen Prüfungspunkte noch einmal detailliert auf. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), wenn mehrere kumulative Voraussetzungen erfüllt sind.

  1. Vertragliche Pflichtverletzung: Am Anfang steht immer ein steuerbares, rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmenden, das gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstößt. Im Düsseldorfer Fall war dies die wiederholte und bewusste Weigerung, die rechtmäßige Anweisung zum Tragen der Sicherheitskleidung zu befolgen.
  2. Erforderlichkeit einer Abmahnung: Grundsätzlich ist eine Kündigung nur als letztes Mittel (ultima ratio) zulässig. Daher muss der Pflichtverletzung in der Regel mindestens eine einschlägige, formell korrekte Abmahnung vorausgehen. Die Abmahnung erfüllt dabei eine doppelte Funktion:
    • Rüge- und Dokumentationsfunktion: Sie benennt das konkrete Fehlverhalten (was, wann, wo?) und macht deutlich, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten als Vertragsverstoß ansieht.
    • Warnfunktion: Sie droht für den Wiederholungsfall unmissverständlich arbeitsrechtliche Konsequenzen an, insbesondere die Kündigung.

    Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber sogar zwei Abmahnungen ausgesprochen und damit seine Pflicht mehr als erfüllt. Eine Abmahnung kann nur in sehr schweren Fällen einer Pflichtverletzung (z.B. bei Straftaten) entbehrlich sein.

  3. Negative Zukunftsprognose: Die Kündigung dient nicht der Bestrafung für vergangenes Fehlverhalten, sondern soll zukünftige Störungen des Arbeitsverhältnisses verhindern. Es muss also eine negative Prognose bestehen, dass der oder die Arbeitnehmende auch in Zukunft seine oder ihre vertraglichen Pflichten verletzen wird. Die Beharrlichkeit, mit der der Mitarbeiter trotz Abmahnungen an seiner Weigerung festhielt, rechtfertigte hier diese negative Prognose.
  4. Interessenabwägung: Im letzten Schritt muss eine umfassende Abwägung der Interessen beider Parteien stattfinden. Hierbei werden das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des gestörten Arbeitsverhältnisses und das Interesse des Arbeitnehmenden an dessen Fortbestand gegeneinander abgewogen. Zu berücksichtigende Faktoren sind unter anderem die Schwere der Pflichtverletzung, der Grad des Verschuldens, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter des Arbeitnehmenden und sein bisheriges Verhalten. Im Fall der roten Hose überwog das betriebliche Interesse an der Aufrechterhaltung der betrieblichen Ordnung und Sicherheit.
  5. Formelle Wirksamkeit: Selbstverständlich muss die Kündigung auch formellen Anforderungen genügen, wie der Schriftform nach § 623 BGB und der Einhaltung der geltenden Kündigungsfristen.
Prüfungsschritt Beschreibung Anwendung im Fall der roten Hose
Pflichtverletzung Steuerbares, schuldhaftes Verhalten gegen Vertragspflichten. Wiederholte Weigerung, vorgeschriebene Sicherheitskleidung zu tragen.
Abmahnung Notwendig zur Erfüllung des ultima-ratio-Prinzips. Zwei formell korrekte Abmahnungen wurden ausgesprochen.
Negative Prognose Wahrscheinlichkeit zukünftiger Pflichtverletzungen. Durch die beharrliche Weigerung trotz Abmahnungen gegeben.
Interessenabwägung Abwägung der beiderseitigen Interessen. Interesse des Arbeitgebers an Sicherheit und Ordnung überwog.

Nicht jede Anweisung ist rechtmäßig: Die Grenzen des Direktionsrechts

Obwohl der Fall des LAG Düsseldorf die Reichweite des Direktionsrechts des Arbeitgebers eindrücklich bestätigt, ist dieses Recht keinesfalls grenzenlos. Wie bereits erwähnt, müssen Weisungen stets dem Gebot des „billigen Ermessens“ nach § 106 GewO entsprechen. Dies bedeutet, dass die Anweisung nicht willkürlich oder schikanös sein darf und die wesentlichen Grundrechte der Arbeitnehmenden respektieren muss. Als angehende Jurist:innen ist es für euch essenziell, auch die Grenzen dieses Rechts zu kennen, da hier oft der entscheidende Punkt für die Verteidigung in einem Kündigungsschutzprozess liegt.

Eine Weisung ist dann unbillig und damit unverbindlich, wenn sie die Interessen des Arbeitnehmenden unzureichend berücksichtigt oder in seine Grundrechte unverhältnismäßig eingreift. Ein zentrales Recht ist hier das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Eine Kleiderordnung, die ohne sachlichen Grund tief in die persönliche Sphäre eingreift oder die Person lächerlich macht, wäre unzulässig. Beispielsweise dürfte ein Arbeitgeber in einem Büro ohne Kundenkontakt kaum vorschreiben können, dass alle Mitarbeitenden in Karnevalskostümen erscheinen.

Ebenso können die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4 GG) dem Direktionsrecht Grenzen setzen. Die bekanntesten Fälle betreffen hier das Tragen eines religiösen Symbols wie eines Kopftuchs. In solchen Konstellationen ist eine besonders sorgfältige Abwägung zwischen der Religionsfreiheit der Arbeitnehmerin und den betrieblichen Interessen des Arbeitgebers erforderlich. Ein pauschales Verbot ist hier oft nicht haltbar.

Auch gesundheitliche Gründe können einer Anweisung entgegenstehen. Leidet ein:e Mitarbeiter:in beispielsweise an einer nachgewiesenen Allergie gegen das Material der vorgeschriebenen Arbeitskleidung, wäre die Anweisung, diese Kleidung zu tragen, unbillig. In einem solchen Fall müsste der Arbeitgeber eine alternative Lösung suchen. Wichtig ist hierbei: Der oder die Arbeitnehmende trägt die Darlegungs- und Beweislast für solche entgegenstehenden, schwerwiegenden Gründe. Im Fall der roten Hose scheiterte der Mitarbeiter unter anderem daran, dass er keine derartigen rechtlich relevanten Gründe für seine Weigerung vorbringen konnte (arbeitsrechtsiegen.de). Seine Ablehnung basierte offenbar allein auf persönlicher Präferenz, und diese ist im Rahmen der Interessenabwägung gegenüber sachlich begründeten betrieblichen Erfordernissen nachrangig.

Fazit: Mehr als nur eine Frage des Geschmacks

Die Entscheidung des LAG Düsseldorf mag auf den ersten Blick streng erscheinen, doch sie folgt konsequent den etablierten Grundsätzen des deutschen Arbeitsrechts. Der Fall „Rote Hose oder Rauswurf“ zeigt deutlich, dass die beharrliche und grundlose Weigerung, legitime Anweisungen des Arbeitgebers zu befolgen, eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellt, die nach Ausschöpfung milderer Mittel wie der Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung sozial rechtfertigen kann (ihr-arbeitsrecht.de).

Für Deine juristische Ausbildung und spätere Praxis lassen sich folgende Kernpunkte festhalten:

  1. Das Direktionsrecht ist weitreichend: Arbeitgeber können im Rahmen des § 106 GewO und unter Wahrung des billigen Ermessens detaillierte Vorgaben zur Arbeitskleidung machen, wenn diese durch sachliche Gründe wie Sicherheit, Hygiene oder Corporate Identity gedeckt sind.
  2. Beharrlichkeit ist entscheidend: Nicht die einmalige Verfehlung, sondern die hartnäckige und bewusste Weigerung, eine rechtmäßige Anweisung zu befolgen, ist kündigungsrelevant.
  3. Die Abmahnung ist der Königsweg: Ohne eine vorherige, korrekte Abmahnung ist eine verhaltensbedingte Kündigung bei steuerbarem Verhalten in der Regel unwirksam. Sie ist das zentrale Instrument, um das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu wahren.
  4. Die Interessenabwägung entscheidet: Am Ende steht immer eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Persönliche Vorlieben der Arbeitnehmenden haben dabei nur geringes Gewicht gegenüber legitimen betrieblichen Belangen.

Das Urteil ist somit eine wichtige Bestätigung für Arbeitgeber, dass sie betriebliche Ordnung und Sicherheitsstandards durchsetzen können. Gleichzeitig zeigt es Arbeitnehmenden die ernsten Konsequenzen auf, die aus der Missachtung berechtigter Weisungen erwachsen können. Für Dich als Jurist:in ist es ein Paradebeispiel dafür, wie abstrakte Rechtsnormen auf einen konkreten Lebenssachverhalt angewendet werden und wie entscheidend eine saubere Subsumtion und eine sorgfältige Abwägung für den Ausgang eines Rechtsstreits sind (arbeitsrechtsiegen.de, haufe.de).

Diesen Beitrag teilen:

Weitere Beitäge

Ein aufgeschlagener Kalender für das Jahr 2026 auf einem hölzernen Schreibtisch, umgeben von juristischen Gesetzbüchern und einem Stift. Das Licht ist konzentriert und fokussiert, was eine lernintensive Atmosphäre schafft. Realistischer Stil.

Erstes Staatsexamen BW 2026 – Dein Guide für alle Termine

Die Planung für das Erste Juristische Staatsexamen ist einer der entscheidendsten Schritte in Deiner juristischen Ausbildung. Eine vorausschauende und gut strukturierte Vorbereitung kann den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. Besonders für Studierende in Baden-Württemberg rückt das Examensjahr 2026 langsam aber sicher in den Fokus.

Ein Arzt in einem Kittel und eine Handwerkerin in Arbeitskleidung stehen nachdenklich vor einer gläsernen Wand, auf der ein stilisiertes Paragrafenzeichen (§) zu sehen ist. Im Hintergrund ist ein modernes Büro oder eine Klinik unscharf erkennbar. Der Fokus liegt auf der Hürde zwischen den Fachkräften und ihrem Arbeitsplatz, realistischer Stil, professionelle Beleuchtung.

Sprachtest und Art. 12 GG – Verletzt die Sprachprüfung die Berufsfreiheit?

In einer globalisierten Welt, in der Fachkräfte immer mobiler werden, gewinnt die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen stetig an Bedeutung. Doch neben fachlichen Kompetenzen stellt sich oft eine weitere, entscheidende Frage: die der sprachlichen Eignung. Insbesondere in reglementierten Berufen wie der Medizin, der Pflege oder auch in sicherheitsrelevanten Handwerksbereichen ist die Anforderung, ausreichende Deutschkenntnisse durch einen Sprachtest nachzuweisen, mittlerweile Standard.

Jetzt neu! Jurabuddy ONE

Der smarte Begleiter für dein Jurastudium

Erfasse deine Probleklausuren und erhalte individuelle Statistiken zu deinem Lernfortschritt in jedem Rechtsgebiet

Volle Flexibilität und immer den Überblick behalten, vom Studium bis zum zweiten Examen!