Juristisches Referendariat – Dein Guide zu Ablauf und Stationen

Das Erste Staatsexamen ist geschafft – herzlichen Glückwunsch! Doch bevor Du Dich Volljurist:in nennen darfst, steht noch eine entscheidende Phase bevor: das juristische Referendariat. Dieser zweijährige Vorbereitungsdienst ist die Brücke zwischen der theoretischen Ausbildung an der Universität und der praktischen Berufswelt.

Dein Wegweiser durch das Juristische Referendariat: Ablauf, Stationen und alle Möglichkeiten

Geschätzte Lesezeit: 12 Minuten

Wichtigste Erkenntnisse:

  • Das Referendariat ist ein zweijähriger Vorbereitungsdienst nach dem Ersten Staatsexamen, der Theorie und Praxis verbindet.
  • Es gliedert sich in Pflichtstationen (Zivil, Straf, Verwaltung, Anwalt) und mindestens eine Wahlstation zur Spezialisierung.
  • Die praktische Ausbildung wird durch Arbeitsgemeinschaften begleitet und bereitet auf das Zweite Staatsexamen (schriftlich und mündlich) vor.
  • Die Reihenfolge und Dauer der Stationen, die Vergütung, Nebentätigkeitsregelungen und Prüfungsinhalte können sich je nach Bundesland unterscheiden.
  • Die Wahlstation bietet große Flexibilität zur Vertiefung, Spezialisierung und für Auslandserfahrungen.

Inhaltsverzeichnis:

Das Erste Staatsexamen ist geschafft – herzlichen Glückwunsch! Doch bevor Du Dich Volljurist:in nennen darfst, steht noch eine entscheidende Phase bevor: das juristische Referendariat. Dieser zweijährige Vorbereitungsdienst ist die Brücke zwischen der theoretischen Ausbildung an der Universität und der praktischen Berufswelt. Aber wie läuft das Referendariat für angehende Jurist:innen genau ab? Welche Stationen gibt es und welche Möglichkeiten hast Du bei jeder einzelnen Station? In diesem Beitrag geben wir Dir einen umfassenden Überblick über den Ablauf, die Inhalte und die wichtigen Entscheidungen, die Du während dieser prägenden Zeit treffen wirst. Wir beleuchten die Struktur, die einzelnen Ausbildungsabschnitte und auch die Unterschiede zwischen den Bundesländern, damit Du bestens informiert in Deinen Vorbereitungsdienst starten kannst.

Der allgemeine Aufbau des Referendariats: Struktur und Start

Das juristische Referendariat in Deutschland erstreckt sich in der Regel über einen Zeitraum von zwei Jahren (talentrocket.de, Wikipedia). Es handelt sich dabei um einen verpflichtenden Vorbereitungsdienst, der direkt an das erfolgreich absolvierte Erste Juristische Staatsexamen anschließt. Das primäre Ziel dieser Phase ist es, die im Studium erworbenen, oft sehr theoretischen Rechtskenntnisse in der Praxis anzuwenden, zu vertiefen und die vielfältigen juristischen Berufsfelder hautnah kennenzulernen (talentrocket.de). Du wirst lernen, juristische Fälle aus der Perspektive verschiedener Akteure – Richter:innen, Staatsanwält:innen, Verwaltungsbeamt:innen und Rechtsanwält:innen – zu bearbeiten und zu entscheiden.

Der Start ins Referendariat beginnt typischerweise nicht sofort mit der praktischen Arbeit in der ersten Station, sondern mit einem vorgeschalteten Einführungslehrgang. Die Dauer dieses Lehrgangs kann je nach Bundesland und zuständigem Oberlandesgerichtsbezirk variieren, liegt aber meist zwischen zwei und vier Wochen (iurratio.de). In dieser intensiven Einführungsphase wirst Du systematisch an die juristische Praxis herangeführt. Ein Schwerpunkt liegt dabei oft auf dem Zivilprozessrecht, insbesondere der Zivilprozessordnung (ZPO), und der Einarbeitung in den für viele juristische Tätigkeiten essenziellen Urteilsstil. Dieser Lehrgang dient dazu, allen Referendar:innen eine gemeinsame Basis für die anschließenden praktischen Stationen zu vermitteln und den Übergang vom theoretischen Studium zur angewandten Rechtswissenschaft zu erleichtern. Hier knüpfst Du auch erste Kontakte zu Deinen Mitreferendar:innen, mit denen Du die nächsten zwei Jahre gemeinsam lernen und Prüfungen absolvieren wirst. Es ist eine wichtige Orientierungsphase, die Dich auf die Herausforderungen und Lernziele des Vorbereitungsdienstes einstimmt.

Die Stationen im Detail: Vielfältige Einblicke in die Rechtswelt

Das Herzstück des Referendariats bildet die praktische Ausbildung in verschiedenen juristischen Tätigkeitsfeldern. Diese Ausbildung ist in mehrere Abschnitte, die sogenannten Stationen, gegliedert. Bundesweit etabliert hat sich eine Struktur aus vier Pflichtstationen, die Dir Einblicke in die Kernbereiche der Justiz, Verwaltung und Anwaltschaft geben, sowie mindestens einer Wahlstation, die Raum für individuelle Schwerpunktsetzung und Interessenverfolgung lässt (Wikipedia). Die Reihenfolge, in der diese Stationen durchlaufen werden, ist in den verschiedenen Bundesländern weitgehend standardisiert, jedoch können durchaus geringfügige Abweichungen in der Abfolge oder der genauen Dauer der einzelnen Stationen auftreten (iurratio.de). Es ist daher ratsam, sich frühzeitig über die spezifischen Regelungen im jeweiligen Bundesland zu informieren. Jede Station wird von Arbeitsgemeinschaften begleitet, in denen Du gemeinsam mit anderen Referendar:innen praxisbezogene Fälle bearbeitest, Klausuren schreibst und Dein Wissen vertiefst. Die Kombination aus praktischer Mitarbeit bei Deinem Ausbilder oder Deiner Ausbilderin und dem theoretischen Input der Arbeitsgemeinschaften macht den besonderen Lerncharakter des Referendariats aus. Im Folgenden stellen wir die einzelnen Stationen detaillierter vor.

Zivilstation (Dauer: 3-5 Monate)

Die erste Pflichtstation führt Dich in der Regel an ein ordentliches Gericht, wo Du in Zivilsachen ausgebildet wirst (Wikipedia). Nach dem Einführungslehrgang erfolgt die Zuweisung zu einem spezifischen Amts- oder Landgericht und einem oder einer Einzelausbilder:in, meist eine Richterin oder ein Richter. In einigen Bundesländern besteht sogar die Möglichkeit, bereits im Vorfeld proaktiv Kontakt zu Richter:innen aufzunehmen und anzufragen, ob sie bereit wären, die individuelle Betreuung während Deiner Zivilstation zu übernehmen (iurratio.de). Dies kann eine gute Gelegenheit sein, Einfluss auf die Wahl des Gerichts oder sogar des konkreten Dezernats zu nehmen. Während dieser Station erhältst Du einen tiefen Einblick in die richterliche Tätigkeit im Zivilprozess. Du nimmst an Gerichtsverhandlungen teil, führst möglicherweise unter Aufsicht selbst Verhandlungen in sogenannten „Referendarsachen“, bearbeitest Akten, erstellst Gutachten und fertigst Entwürfe für Urteile, Beschlüsse und Verfügungen an. Dabei lernst Du, den im Studium erlernten Gutachtenstil in den praxisrelevanten Urteilsstil zu übertragen und die prozessualen Vorschriften der ZPO sicher anzuwenden. Die Zivilstation legt eine wichtige Grundlage für das Verständnis des Zivilprozessrechts und schult Deine Fähigkeit zur rechtlichen Analyse und Entscheidungsfindung aus richterlicher Perspektive. Es ist eine intensive Lernphase, die Dich direkt mit den Herausforderungen der Streitschlichtung und Rechtsfindung konfrontiert.

Strafstation (Dauer: 3-4 Monate)

Die zweite Pflichtstation widmet sich dem Strafrecht und seiner prozessualen Anwendung. Die Ausbildung findet entweder bei einer Staatsanwaltschaft oder bei einem Gericht statt, das für Strafsachen zuständig ist, also einem Amtsgericht (Strafrichter:in oder Schöffengericht) oder einem Landgericht (Strafkammer) (iurratio.de, Wikipedia). Diese Station bietet Dir die Möglichkeit, die ganz eigenen Dynamiken und Verfahrensweisen des Strafverfahrens kennenzulernen. Wenn Du Deine Station bei der Staatsanwaltschaft absolvierst, wirst Du in die Ermittlungsarbeit eingebunden, fertigst Anklageschriften oder Einstellungsverfügungen an und nimmst als Vertreter:in der Anklage an Hauptverhandlungen teil, wo Du auch das Plädoyer hältst (der sogenannte „Sitzungsdienst“). Dies ist eine besonders prägende Erfahrung, da Du hier aktiv am Prozessgeschehen mitwirkst. Bei einer Ausbildung am Strafgericht hingegen liegt der Fokus stärker auf der richterlichen Perspektive. Du analysierst Anklagen, bereitest Hauptverhandlungen vor, nimmst an diesen und den anschließenden Beratungen teil und wirkst an der Abfassung von Urteilen und Beschlüssen mit. Unabhängig von der Zuweisung lernst Du die relevanten Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) praktisch anzuwenden und die Rollen der verschiedenen Verfahrensbeteiligten – Staatsanwaltschaft, Verteidigung, Gericht – besser zu verstehen. Die Strafstation konfrontiert Dich oft mit menschlichen Schicksalen und ethischen Fragestellungen und schärft Dein Bewusstsein für die Bedeutung rechtsstaatlicher Prinzipien im Strafverfahren.

Verwaltungsstation (Dauer: 3-4 Monate)

In der dritten Pflichtstation, der Verwaltungsstation, wechselst Du die Perspektive und tauchst in die Welt des öffentlichen Rechts ein. Deine Ausbildung findet bei einer Verwaltungsbehörde statt (iurratio.de, Wikipedia). Dies kann eine Behörde der Kommunal-, Landes- oder Bundesverwaltung sein, beispielsweise ein Landratsamt, eine Bezirksregierung, ein Ministerium oder auch eine spezialisierte Fachbehörde wie das Umweltbundesamt. Ziel dieser Station ist es, Dir ein praktisches Verständnis für das Verwaltungsrecht, die Funktionsweise von Behörden und das Verwaltungsverfahren zu vermitteln. Du wirst lernen, wie Behörden organisiert sind, wie Verwaltungsentscheidungen vorbereitet und getroffen werden und wie Bürger:innen mit der Verwaltung interagieren. Typische Aufgaben umfassen die Bearbeitung von Anträgen, die Erstellung von Bescheiden (z.B. Baugenehmigungen, Gewerbeerlaubnisse), die Bearbeitung von Widersprüchen oder die Vorbereitung von Stellungnahmen in gerichtlichen Verfahren. Dabei wendest Du das materielle Verwaltungsrecht (z.B. Baurecht, Polizeirecht, Umweltrecht) sowie das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) an. Die Verwaltungsstation bietet Dir die Chance, die „andere Seite“ des Rechts zu sehen – nicht die streitige Auseinandersetzung vor Gericht, sondern die gestaltende und ordnende Funktion der Verwaltung im Dienste des Gemeinwohls. Sie ist auch wichtig, um die späteren Berufsoptionen im öffentlichen Dienst realistisch einschätzen zu können.

Anwaltsstation (Dauer: 8-10 Monate)

Die Anwaltsstation ist mit einer Dauer von acht bis zehn Monaten die längste Station im Referendariat und spielt daher eine besonders wichtige Rolle für Deine praktische Ausbildung und berufliche Orientierung. In einigen Bundesländern, wie zum Beispiel Baden-Württemberg, wird diese lange Phase sogar in zwei separate Teile unterteilt (Rechtsanwaltsstation I und II) (azur-online.de). Der Hauptzweck dieser Station ist es, Dir einen umfassenden Einblick in die vielfältige Tätigkeit von Rechtsanwält:innen zu ermöglichen. Du hast hier die Gelegenheit, verschiedene Rechtsgebiete kennenzulernen und Erfahrungen in unterschiedlichen Kanzleistrukturen zu sammeln – von der kleinen Boutique-Kanzlei über mittelständische Sozietäten bis hin zur internationalen Großkanzlei. Die Wahl der Kanzlei triffst Du in der Regel selbst, was Dir große Flexibilität bei der Gestaltung dieser Station gibt. Während der Anwaltsstation wirst Du typischerweise Mandantengespräche begleiten oder selbst führen, Schriftsätze entwerfen (z.B. Klageschriften, Klageerwiderungen, Berufungsbegründungen), an Verhandlungen teilnehmen, Rechtsgutachten erstellen und bei der Vertragsgestaltung mitwirken. Du lernst, Sachverhalte aus der Perspektive Deiner Mandant:innen zu analysieren und deren Interessen bestmöglich rechtlich durchzusetzen. Diese Station ist oft entscheidend für die spätere Berufswahl, da Du hier intensiv prüfen kannst, ob der Anwaltsberuf Deinen Neigungen und Fähigkeiten entspricht und welche Art von Kanzlei oder Rechtsgebiet Dich am meisten anspricht. Nutze die Länge dieser Station, um verschiedene Aspekte der anwaltlichen Arbeit zu erleben.

Wahlstation (Dauer: 3 Monate)

Nach den Pflichtstationen folgt die Wahlstation, die in der Regel drei Monate dauert und Dir, wie der Name schon sagt, erhebliche Freiheiten bei der Gestaltung bietet (iurratio.de, azur-online.de). Diese Phase dient der Vertiefung Deiner Kenntnisse in einem bestimmten Rechtsgebiet oder Tätigkeitsfeld, das Deinen persönlichen Interessen und Karrierezielen entspricht. Je nach Bundesland kann es eine oder auch mehrere Wahlstationen bzw. Wahlstationsteile geben (lto.de). Die Möglichkeiten sind hier äußerst vielfältig: Du kannst die Wahlstation beispielsweise in einer spezialisierten Anwaltskanzlei im In- oder Ausland verbringen, bei einem Unternehmen in der Rechtsabteilung arbeiten, Dich bei einer internationalen Organisation (wie der EU oder den UN) engagieren, an einem Lehrstuhl an der Universität tätig sein, bei einem Verband mitwirken oder eine Station bei einer spezialisierten Behörde oder einem Gericht absolvieren, die nicht Teil der Pflichtstationen waren (z.B. Finanzgericht, Arbeitsgericht, Bundeskartellamt). Besonders beliebt ist die Möglichkeit, die Wahlstation im Ausland zu verbringen, um internationale Erfahrung zu sammeln und Sprachkenntnisse zu vertiefen. Die Wahlstation ist eine hervorragende Gelegenheit, Dein Profil zu schärfen, wertvolle Kontakte für den Berufseinstieg zu knüpfen und gezielt auf Deine Wunschtätigkeit nach dem Zweiten Staatsexamen hinzuarbeiten. Eine sorgfältige Planung und frühzeitige Bewerbung, insbesondere bei begehrten Plätzen im Ausland oder bei renommierten Institutionen, ist hier essenziell.

Prüfungen im Referendariat: Der Weg zum Zweiten Staatsexamen

Das Referendariat dient nicht nur der praktischen Ausbildung, sondern bereitet Dich auch gezielt auf die abschließende Hürde vor: das Zweite Juristische Staatsexamen. Dieses Examen besteht, ähnlich wie das Erste Examen, aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Die erfolgreiche Absolvierung beider Teile ist die Voraussetzung dafür, die Befähigung zum Richteramt zu erlangen und als Volljurist:in tätig werden zu können. Die Prüfungen stellen sicher, dass Du nicht nur über theoretisches Wissen verfügst, sondern dieses auch auf komplexe Praxisfälle anwenden und juristisch fundierte Lösungen entwickeln kannst. Die Vorbereitung auf diese Prüfungen läuft parallel zur praktischen Ausbildung in den Stationen und Arbeitsgemeinschaften und erfordert ein hohes Maß an Disziplin und Zeitmanagement.

Das schriftliche Examen

Der schriftliche Teil des Zweiten Staatsexamens findet in der Regel gegen Ende des Referendariats statt, typischerweise nach dem Abschluss der vier Pflichtstationen, also etwa nach 20-21 Monaten. Die genaue Anzahl und die Verteilung der Klausuren auf die Rechtsgebiete können sich je nach Bundesland unterscheiden (lto.de, azur-online.de). Als Beispiel: In Baden-Württemberg umfasst das schriftliche Examen insgesamt acht Klausuren. Diese teilen sich auf in vier Klausuren im Zivilrecht (oft inklusive Zwangsvollstreckungsrecht und Kautelarjurisprudenz), zwei Klausuren im Strafrecht (meist eine aus staatsanwaltschaftlicher und eine aus richterlicher Sicht) und zwei Klausuren im Öffentlichen Recht (häufig Verwaltungsrecht, aber auch Verfassungsrecht kann Gegenstand sein) (azur-online.de). Im Gegensatz zum Ersten Examen liegt der Schwerpunkt im Zweiten Examen stärker auf der prozessualen Einkleidung und der praktischen Umsetzung, beispielsweise dem Entwurf eines Urteils, einer Anklageschrift oder eines Bescheids. Du musst zeigen, dass Du die juristische Methodik beherrschst und in der Lage bist, unter Zeitdruck eine praxisgerechte Lösung für einen komplexen Fall zu erarbeiten. Die Vorbereitung auf diese Klausuren ist intensiv und erfolgt oft durch das Bearbeiten von Altklausuren und die Teilnahme an kommerziellen oder staatlichen Repetitorien sowie den Arbeitsgemeinschaften.

Die mündliche Prüfung

Nachdem Du die schriftlichen Klausuren absolviert und in der Regel auch Deine Wahlstation beendet hast, steht als letzter Teil des Zweiten Staatsexamens die mündliche Prüfung an (iurratio.de). Der genaue Zeitpunkt dieser Prüfung variiert ebenfalls zwischen den Bundesländern. In Baden-Württemberg findet sie beispielsweise nach dem 24. Ausbildungsmonat statt, also ganz am Ende des Referendariats (azur-online.de). Die mündliche Prüfung besteht meist aus mehreren Teilen. Oft beginnt sie mit einem Aktenvortrag, für den Du eine kurze Vorbereitungszeit erhältst und bei dem Du einen praxisnahen Fall vorstellen und eine Entscheidung vorschlagen musst. Daran schließt sich das Prüfungsgespräch an, in dem Du von einer Prüfungskommission (bestehend aus Richter:innen, Staatsanwält:innen, Verwaltungsbeamt:innen und/oder Rechtsanwält:innen) in verschiedenen Rechtsgebieten geprüft wirst. Typischerweise umfassen die Prüfungsfächer Zivilrecht, Strafrecht und Öffentliches Recht, wobei oft auch das während der Wahlstation vertiefte Rechtsgebiet oder prozessuale Aspekte eine Rolle spielen. Die mündliche Prüfung testet nicht nur Dein Wissen, sondern auch Deine Fähigkeit zur Argumentation, Deine rhetorischen Fertigkeiten und Deine Belastbarkeit in einer Stresssituation. Sie bildet den Abschluss Deiner juristischen Ausbildung und entscheidet gemeinsam mit den Ergebnissen der schriftlichen Klausuren über Deine Gesamtnote im Zweiten Staatsexamen.

Wichtige Unterschiede zwischen den Bundesländern: Worauf Du achten solltest

Obwohl die Grundstruktur des Referendariats bundesweit ähnlich ist, gibt es doch einige relevante Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern, die Deine Entscheidung für einen bestimmten Ausbildungsort beeinflussen können. Diese Unterschiede betreffen verschiedene Aspekte von der Bewerbung über die Finanzen bis hin zu den Prüfungsinhalten. Eine sorgfältige Abwägung dieser Faktoren ist ratsam, um das für Dich passende Bundesland zu finden.

Hier sind einige der wichtigsten Punkte, in denen sich die Bundesländer unterscheiden können:

  • Zulassungstermine und Bewerbungsfristen: Die Termine, zu denen neue Referendar:innen eingestellt werden, und die dazugehörigen Fristen für die Bewerbung variieren. Manche Bundesländer bieten mehrere Einstellungstermine pro Jahr an. Beispiel Baden-Württemberg: Hier gibt es zwei Zulassungstermine (1. April und 1. Oktober) mit entsprechenden Bewerbungsfristen, die einige Monate vorher enden (azur-online.de). Informiere Dich frühzeitig über die Fristen in Deinem Wunschbundesland.
  • Unterhaltsbeihilfe (Vergütung): Die finanzielle Vergütung während des Referendariats, die sogenannte Unterhaltsbeihilfe, ist nicht bundeseinheitlich geregelt und kann erheblich schwanken. Beispiel Baden-Württemberg: Hier beträgt die Unterhaltsbeihilfe derzeit (Stand 2025 für eine Einstellung) 1.552,51 Euro brutto im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. Eventuell kommt noch ein Familienzuschlag hinzu (azur-online.de). In anderen Bundesländern kann dieser Betrag höher oder niedriger sein. Die Höhe der Vergütung kann ein wichtiger Faktor bei der Wahl des Bundeslandes sein, insbesondere wenn Du auf das Einkommen angewiesen bist.
  • Regelungen zu Nebentätigkeiten: Auch die Möglichkeiten, während des Referendariats einer Nebentätigkeit nachzugehen (z.B. in einer Kanzlei oder an der Uni), und die Voraussetzungen dafür (Genehmigungspflicht, maximaler Stundenumfang, Anrechnung auf die Unterhaltsbeihilfe) sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt (iurratio.de). Wenn Du planst, nebenbei zu arbeiten, solltest Du die jeweiligen Bestimmungen genau prüfen.
  • Anzahl und Inhalte der Examensklausuren: Wie bereits erwähnt, kann die Anzahl der schriftlichen Examensklausuren variieren (meist zwischen 7 und 9). Auch die genaue Gewichtung der Rechtsgebiete und die Art der geforderten Aufgaben (z.B. Urteilsklausur, Anwaltsklausur, Gutachten) können sich unterscheiden (lto.de, azur-online.de).
  • Gestaltung der Wahlstation(en): Manche Bundesländer bieten mehr Flexibilität bei der Wahlstation, erlauben beispielsweise eine Aufteilung in mehrere Abschnitte oder haben großzügigere Regelungen für Auslandsaufenthalte.
  • Ausbildungsqualität und Ruf: Obwohl schwer objektiv messbar, gibt es durchaus Unterschiede im Ruf der Ausbildung und der Examensvorbereitung zwischen den Ländern bzw. Oberlandesgerichtsbezirken.

Die Entscheidung, in welchem Bundesland Du Dein Referendariat absolvieren möchtest, hängt also von Deinen persönlichen Prioritäten ab: Ist Dir eine hohe Vergütung wichtig? Legst Du Wert auf bestimmte Wahlstationsmöglichkeiten? Möchtest Du in der Nähe Deines Wohnortes bleiben? Oder sind die Examensanforderungen und -statistiken für Dich ausschlaggebend? Nimm Dir Zeit für die Recherche und vergleiche die Angebote der Bundesländer, die für Dich in Frage kommen. Das Referendariat ist eine intensive und entscheidende Phase auf Deinem Weg zum Volljurist:in – eine gute Planung legt den Grundstein für einen erfolgreichen Abschluss.

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