Homeoffice & Steuern: Umzugskosten für dein Arbeitszimmer als Werbungskosten absetzen?
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Das Wichtigste in Kürze
- Umzugskosten, die allein zur Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers anfallen, sind laut Bundesfinanzhof (BFH) nicht als Werbungskosten absetzbar, da sie primär der privaten Lebensführung zugeordnet werden.
- Ein steuerlicher Abzug ist nur möglich, wenn der Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist, z. B. durch einen Arbeitgeberwechsel, eine Versetzung oder eine erhebliche Verkürzung des Arbeitsweges (mind. 1 Stunde täglich).
- Die Kosten für das Arbeitszimmer selbst oder die Homeoffice-Pauschale (bis zu 1.260 €) bleiben von dieser Regelung unberührt und können weiterhin steuerlich geltend gemacht werden.
- Das maßgebliche Urteil des BFH vom 5. Februar 2025 (Az. VI R 3/23) schafft hierzu rechtliche Klarheit und setzt hohe Hürden für die steuerliche Anerkennung.
Inhaltsverzeichnis
- Homeoffice: Sind Umzugskosten für die Einrichtung eines Arbeitszimmers als Werbungskosten steuerlich absetzbar?
- Wann ein Umzug beruflich veranlasst ist: Die Voraussetzungen im Detail
- Wichtige Unterscheidung: Kosten des Umzugs vs. Kosten des Arbeitszimmers
- Fazit und Handlungsempfehlungen für deine Steuererklärung
Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren rasant gewandelt. Das Homeoffice ist für viele Jurist:innen und Studierende zur neuen Normalität geworden. Diese Flexibilität bringt jedoch auch neue Herausforderungen mit sich, insbesondere wenn die eigenen vier Wände nicht mehr genug Platz für einen dedizierten Arbeitsbereich bieten. Ein Umzug in eine größere Wohnung scheint oft die einzige Lösung zu sein. Doch damit stellt sich eine entscheidende steuerliche Frage, die für erhebliche finanzielle Entlastung sorgen könnte: Sind die Umzugskosten für die Einrichtung eines Arbeitszimmers als Werbungskosten steuerlich absetzbar? Diese Frage beschäftigt nicht nur Arbeitnehmer:innen, sondern auch die Finanzgerichte. Die Antwort darauf ist komplex und wurde kürzlich durch ein wegweisendes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) präzisiert. In diesem Beitrag analysieren wir die aktuelle Rechtslage detailliert, erklären dir die Voraussetzungen für den steuerlichen Abzug und zeigen auf, was du bei deiner nächsten Steuererklärung unbedingt beachten solltest.
Homeoffice: Sind Umzugskosten für die Einrichtung eines Arbeitszimmers als Werbungskosten steuerlich absetzbar?
Die Hoffnung vieler, die für ein besseres Arbeitsumfeld zu Hause umgezogen sind, die damit verbundenen Kosten steuerlich geltend zu machen, hat einen deutlichen Dämpfer erhalten. Der Bundesfinanzhof hat in einer richtungsweisenden Entscheidung vom 5. Februar 2025 (Az. VI R 3/23) klargestellt, dass Umzugskosten, die primär für die erstmalige Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers anfallen, grundsätzlich nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind. Der Kern der richterlichen Argumentation liegt in der strengen Anforderung, dass ein Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sein muss, um steuerlich anerkannt zu werden. Ein Umzug in eine größere Wohnung, um ein separates Arbeitszimmer zu schaffen, wird von der Rechtsprechung überwiegend als privat motivierte Verbesserung der allgemeinen Wohn- und Lebenssituation eingestuft. Die berufliche Komponente, also die Einrichtung des Arbeitsplatzes, tritt dabei argumentativ in den Hintergrund. Laut BFH ist der Wunsch nach mehr Wohnraum, einem zusätzlichen Zimmer für Hobbys, Kinder oder eben auch für die Arbeit ein klassischer Fall der privaten Lebensführung, deren Kosten die Steuerpflichtigen selbst zu tragen haben.
Diese Rechtsauffassung wird auch durch untergeordnete Instanzen gestützt. So urteilte beispielsweise das Finanzgericht Düsseldorf in einem ähnlichen Fall, dass der Umzug eines Angestellten, der explizit erfolgte, um ein abgetrenntes Arbeitszimmer nutzen zu können, nicht die Kriterien für einen Werbungskostenabzug erfüllt. Das Gericht argumentierte, dass der Umzug nicht der Aufnahme einer neuen beruflichen Tätigkeit diente oder eine signifikante Verkürzung des Arbeitsweges zur Folge hatte, sondern vielmehr aus dem persönlichen Wunsch nach einer optimierten Wohnsituation resultierte. Der berufliche Anlass war somit nicht der alles überragende, sondern lediglich ein mitentscheidender Faktor. Für dich bedeutet das: Die bloße Notwendigkeit oder der Wunsch, im Homeoffice professioneller arbeiten zu können, reicht nach aktueller Rechtsprechung nicht aus, um die hohen Hürden für den Abzug von Umzugskosten als Werbungskosten zu überwinden.
Wann ein Umzug beruflich veranlasst ist: Die Voraussetzungen im Detail
Obwohl der Umzug zur Einrichtung eines Arbeitszimmers allein nicht ausreicht, gibt es klare Konstellationen, in denen das Finanzamt die Umzugskosten als Werbungskosten anerkennt. Der entscheidende Faktor bleibt stets die nahezu ausschließliche berufliche Veranlassung. Dies bedeutet, dass die privaten Gründe für den Umzug so stark in den Hintergrund treten müssen, dass sie vernachlässigbar sind. Wenn du also nachweisen kannst, dass der Wohnortwechsel primär durch deine berufliche Tätigkeit diktiert wurde, stehen die Chancen gut, die Kosten abzusetzen. Das Steuerrecht und die ständige Rechtsprechung haben hierzu einen klaren Katalog von Kriterien entwickelt, die als starke Indizien für eine berufliche Veranlassung gelten. Diese Kriterien solltest du genau kennen, um deine Situation korrekt einschätzen und gegenüber dem Finanzamt argumentieren zu können. Es reicht nicht, einen der Punkte nur vage zu erfüllen; eine solide Dokumentation und Nachweisbarkeit sind unerlässlich für den Erfolg.
Die folgenden Szenarien werden von der Finanzverwaltung und den Gerichten typischerweise als beruflich veranlasst anerkannt:
Grund für den Umzug | Erläuterung |
---|---|
Wechsel des Arbeitgebers | Wenn du eine neue Stelle bei einem anderen Arbeitgeber in einer anderen Stadt antrittst, ist der damit verbundene Umzug klar beruflich motiviert. |
Versetzung durch den Arbeitgeber | Wirst du von deinem aktuellen Arbeitgeber an einen anderen Dienstort oder eine andere Niederlassung versetzt, gilt der Umzug ebenfalls als beruflich notwendig. |
Erhebliche Verkürzung der Fahrzeit | Dies ist einer der häufigsten und wichtigsten Gründe. Der Umzug muss zu einer wesentlichen Verkürzung der täglichen Fahrzeit zur ersten Tätigkeitsstätte führen. Als „erheblich“ gilt in der Regel eine Zeitersparnis von insgesamt mindestens einer Stunde für den Hin- und Rückweg. |
Bezug oder Auszug einer Dienstwohnung | Wenn dein Arbeitsverhältnis den Bezug einer vom Arbeitgeber gestellten Dienstwohnung erfordert (z.B. bei Hausmeister:innen oder Förster:innen) oder du nach Beendigung des Verhältnisses ausziehen musst, ist der Umzug beruflich veranlasst. |
Aufnahme oder Beendigung einer doppelten Haushaltsführung | Ziehst du aus beruflichen Gründen an deinen Beschäftigungsort und gründest dort einen zweiten Haushalt, sind die Umzugskosten absetzbar. Dasselbe gilt für den Umzug, der die doppelte Haushaltsführung wieder beendet. |
Erfüllst du eine dieser Voraussetzungen, kannst du die Umzugskosten in deiner Steuererklärung als Werbungskosten ansetzen. Dazu zählen nicht nur die reinen Transportkosten für das Umzugsunternehmen, sondern auch eine Vielzahl weiterer Posten wie Maklergebühren für eine Mietwohnung, doppelte Mietzahlungen für bis zu sechs Monate oder Kosten für den Einbau von Herd und Öfen. Alternativ kannst du auch die sogenannte Umzugskostenpauschale in Anspruch nehmen, die dir den lästigen Aufwand des Belegsammelns für kleinere Ausgaben erspart. Wichtig ist jedoch, dass der primäre Anlass des Umzugs einer der oben genannten Punkte ist. Der Umstand, dass du in der neuen Wohnung dann auch ein Arbeitszimmer einrichtest, ist ein willkommener Nebeneffekt, aber nicht der rechtfertigende Hauptgrund.
Wichtige Unterscheidung: Kosten des Umzugs vs. Kosten des Arbeitszimmers
Die negative Entscheidung des Bundesfinanzhofs bezüglich der Umzugskosten darf nicht zu einem Missverständnis führen: Auch wenn die Kosten für den Umzug selbst nicht absetzbar sind, bedeutet dies keineswegs, dass die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer ebenfalls steuerlich irrelevant sind. Hierbei handelt es sich um zwei völlig separate Sachverhalte, die steuerrechtlich getrennt voneinander zu bewerten sind. Die Absetzbarkeit der laufenden und einmaligen Kosten für das Arbeitszimmer richtet sich nach eigenen, klar definierten Regeln, die von der Frage der Umzugsveranlassung unberührt bleiben. Du solltest also präzise differenzieren: Der Umzug ist die Maßnahme zur Schaffung der räumlichen Voraussetzung, während das Arbeitszimmer der daraus resultierende, beruflich genutzte Raum ist. Die Kosten für Letzteres können unter bestimmten Umständen weiterhin deine Steuerlast mindern. Diese Unterscheidung ist essenziell für eine korrekte und optimierte Steuererklärung, insbesondere in einer Arbeitswelt, die zunehmend vom Homeoffice geprägt ist.
Es gibt hauptsächlich zwei Wege, berufliche Kosten für die Arbeit von zu Hause geltend zu machen:
- Das häusliche Arbeitszimmer: Wenn dein Arbeitszimmer den „Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit“ darstellt, kannst du die Kosten in voller Höhe absetzen. Dies ist vor allem für Selbstständige, Freiberufler:innen oder bestimmte Arbeitnehmer:innen relevant, die ihre Haupttätigkeit ausschließlich von zu Hause aus verrichten. Zu den absetzbaren Kosten zählen anteilige Miete, Strom, Heizung, Gebäude-AfA, Schuldzinsen und Renovierungskosten. Voraussetzung ist ein separater, nahezu ausschließlich beruflich genutzter Raum. Steht dir für deine Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung (z.B. bei Lehrer:innen für die Unterrichtsvor- und -nachbereitung), kannst du Kosten bis zu einem Höchstbetrag von 1.260 Euro pro Jahr absetzen.
- Die Homeoffice-Pauschale (Tagespauschale): Für alle, die die strengen Kriterien für ein steuerliches Arbeitszimmer nicht erfüllen oder keinen separaten Raum haben, hat der Gesetzgeber die Homeoffice-Pauschale eingeführt. Du kannst für jeden Kalendertag, an dem du deine berufliche Tätigkeit überwiegend von zu Hause aus ausgeübt hast, eine Pauschale von 6 Euro geltend machen. Dieser Abzug ist auf maximal 210 Tage pro Jahr begrenzt, was einem Höchstbetrag von 1.260 Euro entspricht. Der große Vorteil: Du musst keine Einzelkosten nachweisen und es ist unerheblich, ob du in einem separaten Zimmer oder in einer Arbeitsecke im Wohnzimmer gearbeitet hast. Diese Pauschale wird in den allgemeinen Werbungskostenpauschbetrag eingerechnet, lohnt sich also vor allem dann, wenn deine gesamten Werbungskosten 1.230 Euro übersteigen.
Die Entscheidung des BFH zu den Umzugskosten ändert an diesen Regelungen zur Absetzbarkeit des Arbeitszimmers selbst absolut nichts. Du kannst also, selbst wenn dein Umzug als privat veranlasst gilt, die Kosten für dein neues Arbeitszimmer oder die Homeoffice-Pauschale weiterhin in deiner Steuererklärung ansetzen, sofern du die jeweiligen Voraussetzungen dafür erfüllst.
Fazit und Handlungsempfehlungen für deine Steuererklärung
Die aktuelle Rechtsprechung, angeführt durch das Urteil des Bundesfinanzhofs, zieht eine klare Linie: Umzugskosten sind nur dann als Werbungskosten absetzbar, wenn der Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist. Ein Umzug, der allein dem Zweck dient, ein häusliches Arbeitszimmer einzurichten, wird von den Finanzgerichten als privat motivierte Verbesserung der Lebensumstände gewertet und erfüllt diese hohe Anforderung nicht. Diese Erkenntnis ist für viele, die im Zuge der zunehmenden Homeoffice-Kultur in größere Wohnungen gezogen sind, ernüchternd, schafft aber zugleich wichtige rechtliche Klarheit. Es ist entscheidend, die private Optimierung der Wohnsituation von den zwingenden beruflichen Notwendigkeiten zu trennen.
Für deine Praxis bedeutet das:
- Prüfe den wahren Grund: Analysiere vor einem Umzug und für deine Steuererklärung kritisch die primäre Motivation. War es wirklich der neue Job in einer anderen Stadt, die Versetzung durch den Arbeitgeber oder eine tägliche Pendelzeit-Verkürzung von über einer Stunde? Nur dann hast du eine realistische Chance auf Anerkennung der Kosten.
- Sorgfältige Dokumentation: Wenn dein Umzug eine der anerkannten beruflichen Voraussetzungen erfüllt, dokumentiere dies lückenlos. Hebe den neuen Arbeitsvertrag, die Versetzungsanordnung des Arbeitgebers oder Nachweise über die alten und neuen Fahrtzeiten (z.B. Routenplaner-Ausdrucke) sorgfältig auf.
- Trenne die Kostenarten: Verwechsle die Umzugskosten nicht mit den Kosten für das Arbeitszimmer selbst. Auch wenn der Umzug steuerlich nicht relevant ist, kannst du die laufenden Kosten deines Arbeitszimmers oder die Homeoffice-Pauschale bis zu 1.260 Euro pro Jahr geltend machen, sofern die jeweiligen Bedingungen erfüllt sind.
- Ziehe professionellen Rat hinzu: Im Steuerrecht liegt der Teufel oft im Detail. Bei Unsicherheiten, insbesondere in Grenzfällen, ist die Konsultation eines Steuerberaters oder einer Steuerberaterin eine sinnvolle Investition, um steuerliche Nachteile zu vermeiden und alle legalen Möglichkeiten auszuschöpfen.
Ein klares Verständnis dieser steuerlichen Regelungen ist genauso wichtig wie ein gut strukturierter Lernplan für das Examen oder eine organisierte Fallbearbeitung im Beruf. Es ermöglicht dir, fundierte finanzielle Entscheidungen zu treffen und deine Karriere vorausschauend zu planen.
Quellen:
- Ecovis RTS: Kein Werbungskostenabzug für Umzugskosten bei Einrichtung eines Arbeitszimmers
- SteuerGo Blog: Umzugskosten wegen Arbeitszimmer – kein Werbungskostenabzug
- Merschmeier & Partner: Umzug wegen Homeoffice lässt sich nicht als Werbungskosten abziehen
- Rechtsanwälte Kotz: Kein Werbungskostenabzug für Umzugskosten zur Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers