Ein Jahr Cannabisgesetz: Welche prüfungsrelevanten Fragen und Auswirkungen auf das BtMG ergeben sich aktuell (April 2025)?
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Wichtigste Erkenntnisse
- Das Cannabisgesetz (CanG) hat seit dem 1. April 2024 den Umgang mit Cannabis für Erwachsene neu geregelt, was zu wesentlichen Änderungen auch im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und zahlreichen neuen prüfungsrelevanten Abgrenzungsfragen geführt hat.
- Kernelemente des CanG umfassen den erlaubten Besitz von Cannabis (bis zu 25 Gramm im öffentlichen Raum, bis zu 50 Gramm im privaten Bereich), den privaten Eigenanbau von bis zu drei lebenden Cannabispflanzen sowie die Möglichkeit des gemeinschaftlichen Anbaus in nicht-kommerziellen Anbauvereinigungen unter strengen Auflagen.
- Signifikante Auswirkungen auf das BtMG beinhalten die Streichung von Cannabis aus der Anlage I, was die Grundlage der Teillegalisierung bildet, und spezielle Regelungen zur Tilgung von Einträgen im Bundeszentralregister für Altfälle, die nach neuer Rechtslage nicht mehr strafbar sind (gültig ab 1. Januar 2025).
- Zentrale prüfungsrelevante Fragestellungen konzentrieren sich auf die Abgrenzung zwischen legalem Eigenanbau/Besitz und illegalem Handel, die rechtlichen Rahmenbedingungen und Kontrollen für Anbauvereinigungen, die Auslegung und Durchsetzung der Konsumverbote (z.B. in der Nähe von Schulen oder Minderjährigen) sowie die spezifischen Schutzvorschriften für junge Erwachsene (18-21 Jahre) hinsichtlich THC-Gehalt und Abgabemengen.
- Trotz der Teillegalisierung bleiben wichtige Einschränkungen bestehen: Der Besitz und Konsum für Minderjährige ist weiterhin strikt verboten, es gibt umfassende Werbeverbote und spezifische Konsumverbotszonen. Die Einfuhr von Cannabis (ausgenommen Cannabissamen aus EU-Mitgliedstaaten für den privaten Eigenanbau) bleibt grundsätzlich verboten und strafbar.
Inhaltsverzeichnis
- Ein Jahr Cannabisgesetz: Welche prüfungsrelevanten Fragen und Auswirkungen auf das BtMG ergeben sich aktuell (April 2025)?
- Rechtliche Grundlagen des Cannabisgesetzes
- Änderungen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG)
- Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsaussichten (April 2025)
- Prüfungsrelevante Fragestellungen im Fokus (April 2025)
Seit dem 1. April 2024 ist das Cannabisgesetz (CanG) in Deutschland in Kraft und hat eine grundlegende Neubewertung des Umgangs mit Cannabis für Erwachsene eingeläutet. Nun, ein Jahr später im April 2025, ist es an der Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen und insbesondere die prüfungsrelevanten Fragen und Auswirkungen auf das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zu beleuchten, die sich für Dich als Jurastudierende:r oder junge:r Jurist:in ergeben. Die Teillegalisierung hat nicht nur gesellschaftliche Debatten ausgelöst, sondern auch eine Vielzahl neuer rechtlicher Herausforderungen und Abgrenzungsfragen geschaffen, die für Deine Ausbildung und spätere Praxis von großer Bedeutung sind. Die Auswirkungen auf das BtMG sind dabei ebenso zentral wie die neu geschaffenen Regelungen des CanG selbst.
Ein Jahr Cannabisgesetz: Welche prüfungsrelevanten Fragen und Auswirkungen auf das BtMG ergeben sich aktuell (April 2025)?
Das Inkrafttreten des Cannabisgesetzes am 1. April 2024 markierte einen Wendepunkt in der deutschen Drogenpolitik, indem es den Konsum von Cannabis für volljährige Personen unter bestimmten, klar definierten Beschränkungen legalisierte (Tagesschau). Dieser Schritt war das Ergebnis langer politischer Diskussionen und zielte darauf ab, den Schwarzmarkt einzudämmen, den Jugend- und Gesundheitsschutz zu stärken und eine Entkriminalisierung erwachsener Konsument:innen zu erreichen. Ein Jahr nach dieser Zäsur, im April 2025, lassen sich erste Entwicklungen und vor allem konkrete prüfungsrelevante Fragen und Auswirkungen auf das BtMG identifizieren, die für angehende Jurist:innen von besonderem Interesse sind. Die praktische Anwendung der neuen Vorschriften, die Abgrenzung zu weiterhin strafbaren Handlungen und die Modifikationen im Betäubungsmittelrecht stellen komplexe juristische Materien dar, die Du in Deinem Studium und Examen sicher beherrschen solltest. Die dynamische Entwicklung in diesem Rechtsgebiet erfordert eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit der aktuellen Rechtslage und den daraus resultierenden juristischen Fragestellungen.
Rechtliche Grundlagen des Cannabisgesetzes
Das Cannabisgesetz hat tiefgreifende Veränderungen im rechtlichen Umgang mit Cannabis in Deutschland bewirkt. Um die aktuellen prüfungsrelevanten Fragen und die Auswirkungen auf das BtMG verstehen zu können, ist ein solides Wissen über die Kernregelungen des CanG unerlässlich. Diese betreffen vor allem den erlaubten Besitz und Eigenanbau, die Rolle von Anbauvereinigungen sowie spezifische Einschränkungen zum Schutz vulnerabler Gruppen und der öffentlichen Ordnung.
Besitz und Eigenanbau: Die neuen Freiheiten und ihre Grenzen
Eine der zentralen Neuerungen des Cannabisgesetzes ist die Erlaubnis für Erwachsene, bestimmte Mengen Cannabis legal zu besitzen. Konkret dürfen Personen ab 18 Jahren bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis im öffentlichen Raum bei sich führen. Im privaten Bereich, also beispielsweise in der eigenen Wohnung, erhöht sich diese Grenze auf bis zu 50 Gramm (Bundesregierung). Diese Mengenstaffelung wirft in der Praxis bereits erste Fragen auf, etwa hinsichtlich der exakten Definition des „privaten Bereichs“ bei Wohngemeinschaften oder temporären Aufenthalten.
Darüber hinaus ist der private Eigenanbau von bis zu drei lebenden Cannabispflanzen pro volljähriger Person in der eigenen Wohnung gestattet (Tagesschau). Dies soll den Eigenbedarf decken und den Zugang zu Cannabis außerhalb kommerzieller Strukturen ermöglichen. Eine interessante und prüfungsrelevante Facette ist, dass der Import von Cannabissamen aus EU-Mitgliedstaaten zum Zweck des privaten Eigenanbaus ausdrücklich erlaubt ist, und zwar auch über den Versandhandel bzw. das Internet (Bundesregierung). Hier stellen sich Anschlussfragen zur Kontrolle der Samenqualität, zur Verhinderung des kommerziellen Weiterverkaufs und zur Abgrenzung von erlaubtem Import für den Eigenbedarf gegenüber einem potenziell illegalen Handel. Die genaue Auslegung dieser Regelungen, insbesondere im Hinblick auf die Kontrolle der Anbauflächen und die Einhaltung der Pflanzenanzahl, wird die Rechtsprechung in den kommenden Jahren sicherlich noch beschäftigen. Für Klausuren könnte die Frage relevant werden, wie mit Überschreitungen der erlaubten Mengen oder Pflanzenanzahl umzugehen ist und ab wann von einer nicht mehr geringen Menge mit entsprechenden strafrechtlichen Konsequenzen auszugehen ist.
Anbauvereinigungen: Kollektiver Anbau unter strengen Auflagen
Ein weiterer Pfeiler des Cannabisgesetzes ist die Einführung von sogenannten Anbauvereinigungen. Seit dem 1. Juli 2024 ist es nicht-kommerziellen Vereinigungen erlaubt, Cannabis gemeinschaftlich anzubauen und an ihre Mitglieder zum Eigenkonsum weiterzugeben (Quellen: Tagesschau, Bundesregierung). Diese Anbauvereinigungen, oft auch als „Cannabis Social Clubs“ bezeichnet, dürfen bis zu 500 Mitglieder haben, die alle volljährig sein und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben müssen. Die Regelungen für diese Vereinigungen sind detailliert und streng: Sie unterliegen einer behördlichen Erlaubnis- und Überwachungspflicht und müssen zahlreiche Auflagen erfüllen. Dazu gehören beispielsweise Vorgaben zur Qualitätssicherung des angebauten Cannabis, zum Jugendschutz, zur Suchtprävention und zur Sicherung der Anbauflächen gegen unbefugten Zugriff. Die Weitergabe von Cannabis ist ausschließlich an Mitglieder und nur in begrenzten Mengen erlaubt. Jegliche kommerzielle Ausrichtung ist untersagt; die Vereine dürfen keine Gewinne erzielen.
Für Dich als Jurist:in sind hier insbesondere die vereinsrechtlichen Aspekte, die verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahren und die Kontrollmechanismen relevant. Wie wird die Einhaltung der strengen Auflagen sichergestellt? Welche Sanktionen drohen bei Verstößen? Wie gestaltet sich das Haftungsregime innerhalb der Vereinigungen? Diese Fragen bieten Stoff für prüfungsrelevante Fallgestaltungen, die sowohl das öffentliche Recht als auch das Zivil- und Strafrecht tangieren können. Die Anbauvereinigungen stellen ein Novum in der deutschen Rechtslandschaft dar und ihre Etablierung und Funktionsweise werden genau beobachtet.
Einschränkungen: Schutzmechanismen und Verbotszonen
Trotz der Teillegalisierung bleiben wesentliche Einschränkungen bestehen, die vor allem dem Jugend- und Gesundheitsschutz sowie der öffentlichen Ordnung dienen. Ein zentraler Punkt ist, dass der Besitz und Konsum von Cannabis für Minderjährige weiterhin strikt verboten ist (Quellen: Tagesschau, Bundesregierung). Dies unterstreicht das Ziel des Gesetzgebers, insbesondere junge Menschen vor den potenziellen Risiken des Cannabiskonsums zu schützen.
Des Weiteren gilt ein umfassendes Werbe- und Sponsoringverbot für Konsumcannabis und Anbauvereinigungen (Bundesregierung). Damit soll einer Verharmlosung und einer übermäßigen Attraktivitätssteigerung entgegengewirkt werden.
Besonders relevant für die Alltagspraxis und somit auch für Klausuren sind die umfangreichen Beschränkungen des öffentlichen Konsums. Der Konsum von Cannabis ist in unmittelbarer Gegenwart von Personen unter 18 Jahren verboten. Zudem ist er in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr untersagt. Ein generelles Konsumverbot gilt in einem Umkreis von 100 Metern (Sichtweite) um den Eingangsbereich von Schulen, Kinderspielplätzen, Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie öffentlich zugänglichen Sportstätten (Quellen: Tagesschau, Bundesregierung). Die genaue Auslegung und Überwachung dieser Verbotszonen stellt die Ordnungsbehörden vor Herausforderungen und bietet Anlass für juristische Auseinandersetzungen, beispielsweise über die präzise Vermessung der Abstände oder die Definition von „unmittelbarer Gegenwart“. Diese Regelungen sind klassische Beispiele für Normen, deren praktische Handhabung und juristische Bewertung prüfungsrelevant sein können.
Änderungen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG)
Die Einführung des Cannabisgesetzes (CanG) hat nicht nur eigenständige neue Regelungen geschaffen, sondern auch zu signifikanten Änderungen im bereits bestehenden Betäubungsmittelgesetz (BtMG) geführt. Cannabis wurde aus der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel) gestrichen, was die Grundlage für die Teillegalisierung darstellt. Diese Entlassung aus dem strengsten Regelungsregime des BtMG hat weitreichende Konsequenzen, insbesondere für die Strafverfolgung und die Notwendigkeit neuer Abgrenzungen zwischen legalen und weiterhin illegalen Handlungen. Für Dich als angehende:r Jurist:in ist es entscheidend, diese Modifikationen und ihre Implikationen genau zu verstehen, da sie das materielle Strafrecht und das Strafverfahrensrecht direkt beeinflussen.
Strafverfolgung: Tilgung von Altfällen und neue Bewertungsgrundlagen
Eine der spürbarsten Auswirkungen des Cannabisgesetzes auf das BtMG betrifft die Strafverfolgung und den Umgang mit früheren Verurteilungen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2025 traten spezielle Regelungen zur Tilgung von Einträgen im Bundeszentralregister (BZR) in Kraft (Bundesgesundheitsministerium). Diese Regelungen sehen vor, dass Verurteilungen, die ausschließlich aufgrund von Handlungen erfolgten, die nach der neuen Rechtslage nicht mehr strafbar sind (z.B. Besitz geringer Mengen Cannabis zum Eigenkonsum durch Erwachsene), auf Antrag oder von Amts wegen aus dem BZR getilgt werden können. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Resozialisierung und zur Beseitigung von Stigmatisierungen, die aus früheren, nunmehr überholten strafrechtlichen Bewertungen resultierten.
Für die juristische Praxis bedeutet dies eine erhebliche Anzahl an Überprüfungsverfahren. Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen Altfälle daraufhin prüfen, ob die zugrundeliegenden Sachverhalte nach neuem Recht noch eine Strafbarkeit begründen würden. Dies erfordert eine sorgfältige Analyse der Tatumstände und eine genaue Kenntnis sowohl der alten als auch der neuen Rechtslage. Prüfungsrelevant können hier Fragen zur rückwirkenden Anwendung milderen Rechts (Art. 103 Abs. 2 GG, § 2 Abs. 3 StGB) und zu den genauen Voraussetzungen für die Tilgung sein. Die Umstellung in der Strafverfolgungspraxis ist komplex und wird die Justiz noch einige Zeit beschäftigen. Es ist auch zu beachten, dass die Entkriminalisierung nicht bedeutet, dass jeglicher Umgang mit Cannabis straffrei ist. Das Überschreiten der erlaubten Mengen, der Handel ohne Lizenz oder die Abgabe an Minderjährige bleiben weiterhin Straftatbestände, die nun teilweise im CanG selbst und teilweise im modifizierten BtMG geregelt sind.
Abgrenzungsfragen: Die feine Linie zwischen Legalität und Illegalität
Mit der Teillegalisierung von Cannabis haben sich zahlreiche neue Abgrenzungsfragen ergeben, die für die Anwendung des BtMG und des CanG von entscheidender Bedeutung sind. Eine der wichtigsten und prüfungsrelevantesten Unterscheidungen ist die zwischen legalen Handlungen im Rahmen des CanG (z.B. Besitz der erlaubten Mengen, privater Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen) und Handlungen, die weiterhin nach dem BtMG oder dem CanG strafbar sind.
Ein zentrales Beispiel ist die Einfuhr von Cannabis. Trotz der Möglichkeit, Cannabissamen aus EU-Ländern für den privaten Anbau zu importieren, bleibt die Einfuhr von Cannabis (also der Pflanzenteile oder Produkte wie Marihuana und Haschisch) aus dem Ausland nach Deutschland grundsätzlich verboten und strafbar (Bundesregierung). Dies soll verhindern, dass der deutsche Markt mit Cannabis unklarer Herkunft und Qualität geflutet wird und der Schwarzmarkt über diesen Weg bedient wird. Diese Regelung führt zu der scheinbar paradoxen Situation, dass der Besitz einer bestimmten Menge im Inland legal sein kann, der Import derselben Menge jedoch illegal ist. Solche Konstellationen sind prädestiniert für strafrechtliche Klausuren, in denen es um die genaue Prüfung der Tatbestandsmerkmale, insbesondere des Handelns und der Einfuhr, geht.
Weitere Abgrenzungsfragen ergeben sich im Zusammenhang mit den Anbauvereinigungen (z.B. die Abgrenzung zwischen erlaubter Weitergabe an Mitglieder und illegalem Verkauf an Nicht-Mitglieder) oder der Bewertung von Grenzfällen, wie der geringfügigen Überschreitung der erlaubten Besitzmengen. Hier wird die Rechtsprechung gefordert sein, klare Linien zu ziehen und Kriterien für die Beurteilung zu entwickeln. Für Deine Prüfungsvorbereitung ist es unerlässlich, diese Differenzierungen genau zu kennen und anwenden zu können.
Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsaussichten (April 2025)
Ein Jahr nach Inkrafttreten des Cannabisgesetzes ist die Rechtslage zwar formell etabliert, die gesellschaftliche und politische Diskussion sowie die praktische Umsetzung befinden sich jedoch weiterhin in einem dynamischen Prozess. Die Entwicklungen im April 2025 zeigen, dass das Thema Cannabis in verschiedenen Dimensionen relevant bleibt und die langfristigen Auswirkungen sowie die politische Stabilität des Gesetzes noch nicht abschließend beurteilt werden können.
Politische Dimension: Cannabis im Schatten anderer Themen?
Interessanterweise scheint das Thema Cannabis in den aktuellen politischen Debatten, beispielsweise im Rahmen von Sondierungs- und Koalitionsgesprächen auf verschiedenen Ebenen (Stand April 2025), eine eher untergeordnete Rolle zu spielen, verglichen mit der Intensität der Diskussionen vor der Verabschiedung des Gesetzes (Tagesschau). Dies könnte darauf hindeuten, dass sich die politische Aufmerksamkeit anderen drängenden Fragen zugewandt hat oder dass eine gewisse Normalisierung im Umgang mit der neuen Rechtslage eingetreten ist. Dennoch bleibt die Zukunft des Cannabisgesetzes, insbesondere seine mögliche Weiterentwicklung oder auch Modifikation, stark von politischen Konstellationen abhängig. So wird prognostiziert, dass die Ergebnisse der Bundestagswahlen 2025 einen signifikanten Einfluss auf die Stabilität und mögliche Anpassungen des Gesetzes haben könnten (Osborne Clarke). Je nach Zusammensetzung einer zukünftigen Regierung könnten Bestrebungen zur Verschärfung, aber auch zur weiteren Liberalisierung (beispielsweise im Hinblick auf kommerzielle Verkaufsmodelle, die derzeit in Modellprojekten erprobt werden sollen) wieder an Fahrt gewinnen. Für Dich als Beobachter:in der Rechtspolitik ist es spannend zu verfolgen, wie sich dieser Prozess entwickelt und welche Argumente die politische Debatte prägen werden.
Fachliche Bewertung: Die kritische Stimme der Suchtforschung
Aus fachlicher Sicht gibt es auch kritische Töne zur aktuellen Situation. Suchtforscher:innen bemängeln teilweise, dass die politische und öffentliche Debatte sich sehr stark auf Cannabis verengt hat und dabei die Notwendigkeit einer umfassenden Drogen- und Suchtpolitik aus dem Blick geraten sei (Tagesschau). Sie mahnen an, dass neben Cannabis auch der Umgang mit anderen legalen und illegalen Suchtmitteln, wie Alkohol und Tabak, sowie die Prävention und Behandlung von Suchterkrankungen insgesamt stärker in den Fokus rücken müssten. Fachleute aus der Suchthilfe und -forschung appellieren daher eindringlich an politische Entscheidungsträger:innen, insbesondere im Kontext von Koalitionsverhandlungen, der Drogen- und Suchtpolitik als Querschnittsaufgabe mehr Beachtung zu schenken und adäquate Ressourcen für Prävention, Beratung und Therapie bereitzustellen (Tagesschau). Diese fachliche Perspektive ist wichtig, um die Legalisierungsdebatte in einen größeren gesundheitspolitischen Kontext einzuordnen und die langfristigen gesellschaftlichen Auswirkungen kritisch zu reflektieren. Die Herausforderung besteht darin, eine Balance zu finden zwischen der Entkriminalisierung erwachsener Konsument:innen und einem effektiven Jugend- und Gesundheitsschutz.
Internationale Auswirkungen: Deutschland als möglicher Vorreiter?
Die Einführung des deutschen Cannabisgesetzes (CanG) wird auch international aufmerksam beobachtet. Deutschland ist das größte EU-Land, das einen solchen Schritt zur Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch unternommen hat. Es gibt Einschätzungen, dass das deutsche Modell, insbesondere der Ansatz mit nicht-kommerziellen Anbauvereinigungen und strengen Regulierungen, Signalwirkung für andere europäische Länder haben und möglicherweise als eine Art Modell für deren eigene Cannabis-Politik dienen könnte (Puf Creativ). Die Erfahrungen, die in Deutschland in den kommenden Jahren mit der Umsetzung und den Auswirkungen des CanG gesammelt werden – sowohl positive als auch möglicherweise negative – werden die Debatten in anderen Staaten maßgeblich beeinflussen. Juristisch interessant sind hierbei auch die europarechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere im Hinblick auf die Schengen-Verträge und die EU-Drogenstrategie. Die deutsche Gesetzgebung bewegt sich in einem komplexen internationalen Rechtsrahmen, und die Reaktionen anderer EU-Mitgliedstaaten sowie der EU-Institutionen werden genau zu beobachten sein. Diese internationale Dimension verleiht dem Thema eine zusätzliche Komplexität und Relevanz.
Prüfungsrelevante Fragestellungen im Fokus (April 2025)
Für Deine juristischen Prüfungen im April 2025 und darüber hinaus haben sich durch das Cannabisgesetz und die damit verbundenen Änderungen im BtMG eine Reihe spezifischer, prüfungsrelevanter Fragestellungen herauskristallisiert. Diese betreffen verschiedenste Rechtsgebiete, vom materiellen Strafrecht über das Strafverfahrensrecht bis hin zum öffentlichen Recht. Eine genaue Kenntnis dieser Aspekte ist unerlässlich, um in Klausuren und mündlichen Prüfungen sicher agieren zu können. Im Folgenden findest Du eine detailliertere Betrachtung der wichtigsten Punkte:
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Die Abgrenzung zwischen legalem Eigenanbau und illegalem Handel:
Dieser Punkt ist ein Dauerbrenner. Das CanG erlaubt den privaten Anbau von bis zu drei weiblichen blühenden Pflanzen pro volljähriger Person im eigenen Wohnbereich. Sobald jedoch der Anbau darüber hinausgeht oder mit der Absicht erfolgt, das Cannabis an Dritte zu verkaufen oder abzugeben (außerhalb der engen Grenzen der Anbauvereinigungen), bewegt man sich schnell im Bereich des illegalen Handels. Prüfungsrelevant ist hier die genaue Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG (unerlaubter Handel) oder ggf. noch anwendbarer BtMG-Vorschriften. Indizien für einen Handel können beispielsweise das Vorhandensein von Verpackungsmaterial, Feinwaagen, größeren Bargeldsummen unklarer Herkunft oder Kundenlisten sein. Auch die Frage, wann aus einem gemeinschaftlichen Anbau mehrerer Personen in einer WG ein strafbares gemeinschaftliches Handeltreiben wird, ist komplex. Du solltest die Kriterien der Rechtsprechung zur Abgrenzung von Eigenkonsum und Handel kennen. -
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Anbauvereinigungen und deren Kontrolle:
Die seit dem 1. Juli 2024 erlaubten Anbauvereinigungen sind ein juristisches Novum. Ihre Gründung, Organisation und der Betrieb unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben (§§ 11 ff. KCanG). Prüfungsrelevant sind hier z.B. die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis durch die zuständige Behörde, die Pflichten des Vorstands (z.B. Bestellung von Präventions-, Jugendschutz-, und Qualitätsbeauftragten), die Dokumentationspflichten und die behördlichen Kontrollbefugnisse. Verstöße können zum Widerruf der Erlaubnis oder zu Bußgeldern führen. Im Strafrecht können sich Fragen ergeben, wenn Mitglieder oder Verantwortliche der Vereinigung die Grenzen der Erlaubnis überschreiten, z.B. durch Verkauf an Nicht-Mitglieder oder die Überschreitung der erlaubten Abgabemengen. -
Die Anwendung der Konsumverbote im öffentlichen Raum:
Die Konsumverbote (§ 5 KCanG) sind detailliert und sollen den Jugend- und Gesundheitsschutz gewährleisten. Der Konsum ist u.a. in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen, in Schulen, Kitas, auf Spielplätzen und in deren Sichtweite (100m-Zone), sowie in Fußgängerzonen tagsüber (7-20 Uhr) verboten. Prüfungsrelevant ist hier die genaue Auslegung der Begriffe („Sichtweite“, „unmittelbare Gegenwart“) und die Frage, wie diese Verbote in der Praxis durchgesetzt und sanktioniert werden (Ordnungswidrigkeiten nach § 36 KCanG). Klausurfall könnte ein Sachverhalt sein, in dem die genaue Entfernung zu einer Schutzzone oder die Anwesenheit von Minderjährigen streitig ist. -
Die Tilgung von Einträgen im Bundeszentralregister für frühere Cannabis-Delikte:
Wie bereits erwähnt, trat am 1. Januar 2025 die Regelung zur Tilgung von Einträgen im BZR in Kraft (Art. 13 des Gesetzes zur Änderung des Konsumcannabisgesetzes und anderer Vorschriften). Dies betrifft Verurteilungen wegen Delikten, die nach neuem Recht nicht mehr strafbar wären oder nur noch als Ordnungswidrigkeit gelten. Prüfungsrelevant ist hier das Verfahren der Tilgung (Antragserfordernis, Prüfung von Amts wegen), die Voraussetzungen (ausschließliche Verurteilung wegen eines nunmehr legalen oder entkriminalisierten Sachverhalts) und die Auswirkungen auf das Führungszeugnis. Es können sich komplexe Fragen der intertemporalen Rechtsanwendung ergeben (§ 2 Abs. 3 StGB – lex mitior). -
Die strafrechtliche Bewertung von Grenzfällen (z.B. geringfügige Überschreitung der erlaubten Mengen):
Das CanG definiert erlaubte Besitzmengen (bis 25g öffentlich, bis 50g privat, drei Pflanzen). Was passiert bei geringfügigen Überschreitungen? Hier ist die Unterscheidung zwischen einer Ordnungswidrigkeit (z.B. Besitz von bis zu 30g öffentlich oder bis zu 60g privat, § 36 Abs. 1 Nr. 2 KCanG) und einer Straftat (Besitz von mehr als 30g öffentlich oder mehr als 60g privat, § 34 Abs. 1 Nr. 1b KCanG) wichtig. Die genaue Gewichtsermittlung (Brutto/Netto, Feuchtigkeitsgehalt) und die Frage des Vorsatzes bezüglich der Menge können prüfungsrelevant sein. Auch die Bewertung der „nicht geringen Menge“, die weiterhin nach BtMG-Grundsätzen zu beurteilen sein dürfte und eine höhere Strafandrohung nach sich zieht, bleibt ein wichtiger Aspekt. -
Die Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Cannabisgesetz:
Verstöße gegen das CanG können vielfältige Rechtsfolgen nach sich ziehen. Diese reichen von Ordnungswidrigkeiten (z.B. Konsum in Verbotszonen, geringfügige Mengenüberschreitungen) bis hin zu Straftaten (z.B. Handel, Abgabe an Minderjährige, Besitz größerer Mengen). Du solltest die Sanktionskataloge des § 36 KCanG (Ordnungswidrigkeiten) und des § 34 KCanG (Straftaten) kennen und anwenden können. Auch verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie der Entzug der Erlaubnis für Anbauvereinigungen sind denkbar. -
Die besondere rechtliche Situation für junge Erwachsene (18 bis 21 Jahre):
Das CanG sieht für junge Erwachsene zwischen 18 und 21 Jahren besondere Schutzvorschriften vor. Anbauvereinigungen dürfen an Mitglieder in dieser Altersgruppe Cannabis nur mit einem maximalen THC-Gehalt von 10 % und in begrenzten Mengen (maximal 30 Gramm pro Monat) abgeben (Bundesregierung, § 2 Abs. 2, § 19 Abs. 3 KCanG). Diese Regelung zielt darauf ab, den spezifischen Risiken des Cannabiskonsums in dieser vulnerablen Entwicklungsphase Rechnung zu tragen. Prüfungsrelevant könnten Fälle sein, in denen diese Vorgaben missachtet werden, was sowohl für die Anbauvereinigung als auch für die abgebende Person Konsequenzen haben kann. Die Kontrolle des THC-Gehalts und die Einhaltung der Mengenbegrenzungen sind praktische Herausforderungen.
Das Cannabisgesetz hat das deutsche Betäubungsmittelrecht und die damit zusammenhängenden Rechtsgebiete nachhaltig verändert. Die langfristigen Auswirkungen, die Entwicklung der Rechtsprechung und die politische Zukunft dieser komplexen Regelungen sind im April 2025 noch nicht vollständig absehbar. Für Dich als Jurastudierende:r oder junge:r Jurist:in ist es daher umso wichtiger, die aktuellen Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen und die prüfungsrelevanten Fragestellungen sicher zu beherrschen. Dieses Rechtsgebiet wird auch in Zukunft spannend bleiben und Dir in Deiner Ausbildung und Praxis sicherlich noch häufig begegnen.