BGH zur Maklerprovision – Warum eine fehlerhafte Klausel zur vollen Rückzahlung führt

Ein Richterhammer liegt auf einem zerrissenen Vertrag auf einem Schreibtisch. Neben dem Vertrag liegt ein Schlüsselbund für ein Haus und einige Euromünzen, die eine zurückgeforderte Provision symbolisieren. Das Bild steht für die Ungültigkeit einer Immobilienvertragsklausel durch ein Gerichtsurteil. Realistischer, professioneller Stil.
Der Kauf einer Immobilie ist für die meisten Menschen eine der größten finanziellen Entscheidungen ihres Lebens. Neben dem Kaufpreis fallen dabei oft erhebliche Nebenkosten an, zu denen prominent die Maklerprovision zählt. Um eine faire Lastenverteilung zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber den § 656d BGB, den sogenannten Halbteilungsgrundsatz, eingeführt.

BGB: Ist eine Maklerklausel, die gegen den Halbteilungsgrundsatz des § 656d BGB verstößt, vollständig nichtig und kann der Käufer die gesamte Provision zurückfordern?

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Wichtigste Erkenntnisse

  • Eine Maklerklausel, die gegen den Halbteilungsgrundsatz des § 656d BGB verstößt, ist vollständig nichtig.
  • Eine „geltungserhaltende Reduktion“, also die Herabsetzung der Forderung auf den zulässigen Teil (50 %), ist laut BGH ausgeschlossen.
  • Hat der Käufer oder die Käuferin bereits gezahlt, besteht ein Anspruch auf Rückforderung der gesamten Provision aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
  • Das Urteil schützt Verbraucher:innen beim Kauf von Wohnungen und Einfamilienhäusern und verhindert Umgehungskonstruktionen.

Inhaltsverzeichnis

Der Kauf einer Immobilie ist für die meisten Menschen eine der größten finanziellen Entscheidungen ihres Lebens. Neben dem Kaufpreis fallen dabei oft erhebliche Nebenkosten an, zu denen prominent die Maklerprovision zählt. Um eine faire Lastenverteilung zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber den § 656d BGB, den sogenannten Halbteilungsgrundsatz, eingeführt. Doch was passiert, wenn vertragliche Vereinbarungen diesen Grundsatz unterlaufen? Ist eine Maklerklausel, die gegen den Halbteilungsgrundsatz des § 656d BGB verstößt, vollständig nichtig und kann der Käufer die gesamte Provision zurückfordern? Diese examensrelevante und für die Praxis hochbrisante Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer jüngsten Entscheidung geklärt und damit für erhebliche Rechtssicherheit gesorgt. In diesem Beitrag analysieren wir das wegweisende Urteil, beleuchten die Hintergründe des § 656d BGB und erklären detailliert, welche Konsequenzen sich daraus für Käufer:innen, Verkäufer:innen und Immobilienmakler:innen ergeben. Für dich als Jurastudierende:r oder junge:r Jurist:in ist das Verständnis dieser Materie unerlässlich, da sie tief in das Vertrags- und Bereicherungsrecht eingreift und ein Paradebeispiel für die Wirkung von gesetzlichen Schutzvorschriften darstellt.

Der Halbteilungsgrundsatz nach § 656d BGB: Was Du wissen musst

Bevor wir uns der bahnbrechenden Entscheidung des BGH widmen, ist ein solides Verständnis des zugrunde liegenden gesetzlichen Prinzips unerlässlich. Der sogenannte Halbteilungsgrundsatz ist in den §§ 656c und 656d des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verankert und trat am 23. Dezember 2020 in Kraft. Die zentrale Regelung findet sich in § 656d BGB und zielt darauf ab, die Kostenverteilung der Maklerprovision beim Kauf von Wohnungen und Einfamilienhäusern gerechter zu gestalten. Die Kernidee ist, dass die Partei, die den Makler oder die Maklerin primär beauftragt hat – in der Praxis zumeist die veräußernde Partei –, mindestens die Hälfte der Courtage selbst tragen muss. Der Gesetzgeber wollte damit einer gängigen Praxis ein Ende setzen, bei der die Maklerprovision vollständig auf die kaufende Partei abgewälzt wurde, obwohl diese den Maklervertrag oft gar nicht selbst geschlossen hatte. Dies wurde als unbillige Belastung für Käufer:innen angesehen, die ohnehin schon mit dem Kaufpreis, der Grunderwerbsteuer und Notarkosten konfrontiert sind.

Der Anwendungsbereich der §§ 656c, 656d BGB ist klar definiert: Er gilt ausschließlich für Verträge über den Kauf von Wohnungen und Einfamilienhäusern, bei denen die erwerbende Partei ein:e Verbraucher:in im Sinne des § 13 BGB ist. Gewerbeimmobilien, Mehrfamilienhäuser oder unbebaute Grundstücke fallen nicht unter diese Regelung. Konkret besagt § 656d Abs. 1 BGB, dass eine Vereinbarung, die die kaufende Partei zur Zahlung oder Erstattung von Maklerlohn für die Vermittlung eines Kaufvertrags verpflichtet, nur dann wirksam ist, wenn die Partei, die den Maklervertrag ursprünglich geschlossen hat (also die erste Auftraggeberin), zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet bleibt. In der Konsequenz bedeutet dies: Wenn der oder die Verkäufer:in den Makler beauftragt, kann er oder sie von dem oder der Käufer:in maximal die Hälfte der Provision verlangen. Jede vertragliche Regelung, die versucht, diese Kosten vollständig auf die andere Partei zu übertragen, verstößt gegen dieses gesetzliche Verbot und ist, wie der BGH nun klarstellte, nichtig. Diese Regelung soll sicherstellen, dass die Provision ein echtes Entgelt für eine Dienstleistung bleibt und nicht zu einem reinen Posten wird, der im Rahmen der Vertragsverhandlungen beliebig verschoben werden kann.

Paukenschlag aus Karlsruhe: Die BGH-Entscheidung zur Nichtigkeit der Maklerklausel

Die entscheidende Frage, die Jurist:innen und die Immobilienbranche seit der Einführung des Halbteilungsgrundsatzes beschäftigte, war die nach der exakten Rechtsfolge eines Verstoßes. Führt ein Verstoß gegen § 656d BGB zur Gesamtnichtigkeit der Provisionsvereinbarung oder wird die Klausel lediglich auf das erlaubte Maß, also eine hälftige Teilung, zurückgeführt? Letzteres wird in der Rechtswissenschaft als „geltungserhaltende Reduktion“ bezeichnet. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 06.03.2025 (Az. I ZR 138/24) diese Frage nun mit beeindruckender Klarheit beantwortet und der geltungserhaltenden Reduktion in diesem Kontext eine klare Absage erteilt.

Der BGH entschied, dass eine Maklerklausel, die den Käufer oder die Käuferin entgegen dem Halbteilungsgrundsatz zur Übernahme der vollen Provision verpflichtet, insgesamt und ausnahmslos nichtig ist. Die Vereinbarung wird also nicht auf den zulässigen Teil – die Hälfte der Provision – reduziert. Stattdessen entfällt die Zahlungsverpflichtung der kaufenden Partei vollständig. Die Karlsruher Richter:innen begründeten dies maßgeblich mit dem Schutzzweck der Norm. Würde man eine geltungserhaltende Reduktion zulassen, könnten Makler:innen und Verkäufer:innen versucht sein, es weiterhin mit unzulässigen Klauseln zu probieren. Im schlimmsten Fall würde die Klausel auf das ohnehin gesetzlich Geschuldete reduziert, ein Risiko bestünde für sie also nicht. Eine solche Auslegung würde den präventiven Charakter des Gesetzes untergraben und den von ihm beabsichtigten Verbraucherschutz ins Leere laufen lassen. Durch die Anordnung der Gesamtnichtigkeit wird hingegen ein starker Anreiz geschaffen, die gesetzlichen Vorgaben von vornherein einzuhalten. Diese Entscheidung ist ein starkes Signal für den Verbraucherschutz im Immobilienrecht und unterstreicht die Intention des Gesetzgebers, eine faire und transparente Kostenverteilung sicherzustellen.

Alles zurück auf Anfang: Der Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB

Die Feststellung der Gesamtnichtigkeit der Provisionsvereinbarung durch den BGH hat eine unmittelbare und weitreichende praktische Konsequenz: Hat die kaufende Partei bereits auf Basis einer solchen unwirksamen Klausel die volle Maklerprovision gezahlt, kann sie diese in Gänze zurückfordern. Die juristische Grundlage für diesen Rückforderungsanspruch ist der Paragraph, den Du aus dem ersten Semester kennst und der dich dein gesamtes Juristenleben begleiten wird: § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, die Leistungskondiktion (condictio indebiti). Die Vorschrift besagt, dass derjenige, der durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, zur Herausgabe verpflichtet ist.

Schauen wir uns die Tatbestandsmerkmale im konkreten Fall an:

  1. Etwas erlangt: Der oder die Immobilienmakler:in hat die Zahlung der Provision, also Eigentum und Besitz am Geld, erlangt.
  2. Durch Leistung: Diese Vermögensverschiebung erfolgte durch eine Leistung des Käufers oder der Käuferin, also eine bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Der Zweck war die Erfüllung der vermeintlichen Schuld aus der Provisionsvereinbarung.
  3. Ohne rechtlichen Grund: Und hier kommt die BGH-Entscheidung ins Spiel. Da die zugrundeliegende Provisionsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 656d BGB vollständig nichtig ist, existierte von Anfang an kein wirksamer Rechtsgrund (keine causa) für die Zahlung. Die Leistung erfolgte somit sine causa.

Da alle Voraussetzungen des § 812 BGB erfüllt sind, hat die kaufende Partei einen Anspruch auf Rückzahlung der gesamten gezahlten Summe. Es ist entscheidend zu verstehen, dass nicht nur der unzulässige Teil, also die eine Hälfte der Provision, zurückgefordert werden kann, sondern die volle Summe. Dies ist die direkte Folge der vom BGH abgelehnten geltungserhaltenden Reduktion. Hätte das Gericht anders entschieden, würde der Rückforderungsanspruch sich nur auf den die Hälfte übersteigenden Betrag belaufen. Durch die nun geschaffene Rechtsklarheit ist der Anspruch auf die volle Rückzahlung gefestigt. Für die juristische Praxis bedeutet dies, dass bei der Prüfung von Altfällen, die nach dem 23.12.2020 abgeschlossen wurden, ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung der Maklerklauseln gelegt werden muss. Für betroffene Käufer:innen eröffnet sich damit die Möglichkeit, erhebliche Summen zurückzuerlangen.

Keine Chance für Umgehungskonstruktionen: Die Reichweite des § 656d BGB

Ein Gesetz ist nur so stark wie seine Fähigkeit, Umgehungsversuche zu verhindern. Der Gesetzgeber hatte bei der Formulierung der §§ 656c und 656d BGB bereits antizipiert, dass findige Vertragsparteien versuchen könnten, den Halbteilungsgrundsatz durch kreative Vertragsgestaltungen auszuhebeln. Deshalb wurde die Regelung bewusst weit gefasst. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung die Intention des Gesetzgebers bestätigt und klargestellt, dass der Schutz des § 656d BGB umfassend ist und sich gegen sämtliche Abwälzungsvereinbarungen richtet. Es kommt also nicht auf die formale Bezeichnung oder die juristische Konstruktion an, sondern auf das wirtschaftliche Ergebnis. Ziel ist es zu verhindern, dass die kaufende Partei am Ende faktisch die gesamte Maklerlast trägt, auch wenn dies vertraglich kaschiert wird.

Wie Experten analysieren, sind daher auch indirekte Wege der Kostenüberwälzung unwirksam. Ein klassisches Beispiel wäre, dass der oder die Verkäufer:in formell die Hälfte der Provision zahlt, sich diesen Betrag aber über eine andere Klausel im Kaufvertrag, beispielsweise durch einen pauschalen Aufschlag auf den Kaufpreis, von dem oder der Käufer:in „zurückholt“. Ebenso unwirksam wären Konstruktionen, bei denen der oder die Käufer:in im Innenverhältnis gegenüber dem oder der Verkäufer:in zur Freistellung von dessen Provisionsanteil verpflichtet wird. Auch verdeckte Schuldübernahmen oder ähnliche Vereinbarungen, die im Ergebnis zu einer vollständigen Belastung der kaufenden Partei führen, fallen unter das Verbot des § 656d BGB und führen zur Gesamtnichtigkeit der entsprechenden Regelung. Für deine spätere anwaltliche oder notarielle Tätigkeit ist es von größter Wichtigkeit, solche Umgehungsversuche zu erkennen und Mandant:innen entsprechend aufzuklären. Die Rechtsprechung des BGH gibt dir hierfür ein starkes Argument an die Hand: Nicht der Buchstabe des Vertrages ist entscheidend, sondern der wirtschaftliche Gehalt und der Schutzzweck der Norm.

Fazit: Was das BGH-Urteil für Deine juristische Praxis bedeutet

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Halbteilungsgrundsatz bei Maklerprovisionen ist mehr als nur eine Randnotiz im Immobilienrecht – sie ist ein Meilenstein für den Verbraucherschutz und ein exzellentes Lehrstück über die Auslegung und Wirkung gesetzlicher Verbotsnormen. Für dich als angehende:r Jurist:in ist es entscheidend, die Kernaussagen dieses Urteils zu verinnerlichen, da sie examensrelevant sind und die tägliche Praxis maßgeblich beeinflussen. Die systematische Erfassung und Organisation solcher wegweisenden Urteile ist der Schlüssel zum Erfolg – genau hierbei können dich digitale Tools wie Lernpläne oder digitale Karteikarten unterstützen, um den Überblick zu behalten.

Fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse des BGH-Urteils (Az. I ZR 138/24) noch einmal übersichtlich zusammen:

Aspekt Kernaussage des BGH
Grundsatz Der Halbteilungsgrundsatz nach § 656d BGB ist zwingend, wenn ein:e Verbraucher:in eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus kauft und nur eine Partei den Makler beauftragt hat.
Verstoß Eine vertragliche Vereinbarung, die die Maklerprovision vollständig auf die kaufende Partei abwälzt, verstößt gegen § 656d BGB.
Rechtsfolge Ein solcher Verstoß führt zur Gesamtnichtigkeit der Provisionsvereinbarung gegenüber der kaufenden Partei.
Geltungserhaltende Reduktion Eine Reduzierung der Klausel auf den zulässigen Teil (50 % der Provision) findet nicht statt. Der BGH hat diesem Ansatz eine klare Absage erteilt.
Anspruch des Käufers Hat die kaufende Partei bereits gezahlt, kann sie die gesamte Provision nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückfordern.
Anwendungszeitraum Die Regelung betrifft Maklerverträge, die nach dem 23. Dezember 2020 geschlossen wurden.

Dieses Urteil stärkt die Position von Verbraucher:innen erheblich und setzt ein klares Zeichen gegen die Umgehung von Schutzvorschriften. Für die Rechtsberatung bedeutet dies, dass Verträge über Immobilienkäufe, die in den letzten Jahren geschlossen wurden, genau geprüft werden sollten. Für die Vertragsgestaltung in der Zukunft mahnt das Urteil zu absoluter Sorgfalt und Konformität mit den gesetzlichen Vorgaben. Die Botschaft aus Karlsruhe ist unmissverständlich: Wer versucht, gesetzliche Schutzmechanismen auszuhebeln, verliert am Ende alles.

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